Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

GBB. Ersitzung. 95 
machen. Dies geschieht im Verkehr sehr häufig. — Die Übergabe der 
Sache ist in 3 Fällen nicht erforderlich: 
1. Ist der Erwerber bereits im Besitze der Sache, so genügt die 
Einigung zur Eigentumsübertragung (brevi manu traditio). 
6 929 Satz 2). 
2. Es kann zwischen dem besitzenden Eigentümer und dem Erwerber 
ein Rechtsverhältnis vereinbart werden, vermöge dessen der Er- 
rberder mitielbarer Besitzer wird (sog. constitutum possessorium) 
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3. Befindet sich die Sache im Besitze eines Dritten, so wird die 
Übergabe durch die Abtretung des Herausgabeanspruches ersetzt 
(§ 931). Der Dritte behält aber dem Erwerber gegenüber sämt- 
liche Einreden, welche er gegen den bisherigen Eigentümer hatte 
(§ 986 Abs. 2). 
Abweichend vom römischen Rechte, aber entsprechend dem deutschen 
Rechte hat das BGB. den Grundsatz „Hand muß Hand wahren“ 
durchgeführt (§§ 932 ff.), d. h. der Eigentümer, der seine Sache freiwillig 
aus der Hand gegeben hat, kann sie von einem Dritten, der sie gut- 
gläubig erworben hat, nicht mehr fordern, denn nach § 932 wird der 
Erwerber, dem die Sache übergeben worden ist, auch dann Eigentümer, 
wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehörte. Der Erwerber muß aber 
gutgläubig sein, d. h. es darf ihm zur Zeit der Besitzübertragung nicht 
bekannt oder aus grober Fahrlässigkeit unbekannt sein, daß die Sache nicht 
dem Veräußerer gehört. Im Falle der brevi manu traditio wird er nur 
dann Eigentümer, wenn er den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte 
(§& 932), im Falle des constitutum possessorium erst dann, wenn ihm 
die Sache späterhin von dem Veräußerer übergeben wird und er in diesem 
Zeitpunkte noch in gutem Glauben ist (§ 933). Wird eine Sache durch 
Abtretung des Herausgabeanspruches (§ 931) veräußert, so wird der Er- 
werber, wenn der Veräußerer mittelbarer Besitzer war, mit der Abtretung 
des Anspruches, andernfalls dann Eigentümer, wenn er die Sache von 
dem Dritten erlangt (§ 934). 
Ist die Sache dem Eigentümer oder dem unmittelbaren Besitzer ge- 
stohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen, so er- 
wirbt auch der gutgläubige Dritte an ihr kein Eigentum, es sei denn, 
daß es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt, oder die Sache im 
Wege öffentlicher Versteigerung veräußert wird (§ 935). — Rechte, mit 
denen die veräußerte Sache belastet ist, gehen unter, falls nicht der Er- 
werber beim Besitzerwerbe diese Rechte kannte oder kennen mußte 
(nicht in gutem Glauben war) (§ 936). 
II. Ersitzung (§§ 937—945). 
Sie ist Rechtserwerb durch Zeitablauf. Gegenüber den früheren 
Rechten ist ihre Bedeutung im BGB., da dieses auch den Rechtserwerb vom 
Nichteigentümer kennt (§§ 932 ff.), andererseits die Ersitzung des nicht ein- 
getragenen Eigentümers ausschließt, erheblich vermindert. Sie kommt nur 
noch zur Geltung bei Sachen, die dem Eigentümer gestohlen worden, 
verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen sind. Voraussetzung der 
Ersitzung ist zehnjähriger Eigenbesitz und guter Glaube des 
 
	        
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