Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

118 BGB. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe. 
beamten vorausgehen, das zwei Wochen auszuhängen hat und nach sechs 
Monaten seine Kraft verliert (PersonenstandsG. 88 44 f., 1316); Befreiung 
gewährt für Reichsinländer der zuständige Regierungspräsident, in Berlin 
der Oberpräsident, sonst der Minister des Innern; Abkürzung der Frist in 
dringenden Fällen die Aufsichtsbehörde KönV. 16. 11. 99 Art. 12 in der 
Fassung der V. 12. 7. 10 GS. 111; wegen der Bescheinigung des erfolgten 
Aufgebots s. V. 25. 3. 99 zur Ausf. des PersonenstandsG. RGBl. 225; 
Muster für Aufgebotsanmeldung V. 2. 6. 99 MBl. 100; wegen der Ehe- 
schließung in der Karwoche ME. 3. 3. 03 MBl. 28). 
Bei der Eheschließung sollen zwei volljährige, im Besitze der bürger- 
lichen Ehrenrechte befindliche Zeugen zugegen sein; sie soll vor dem zu- 
ständigen Standesbeamten erfolgen (zuständig ist der Beamte, in dessen 
Bezirk einer der Verlobten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalts- 
ort hat; mit dessen schriftlicher Ermächtigung auch ein anderer Standes- 
beamter §§ 1320 f.); übt ein Nichtstandesbeamter das Amt öffentlich aus, 
so gilt er als legitimiert, wofern die Verlobten den Mangel nicht kannten 
(§ 1319). Die Ehe soll in das Heiratsregister eingetragen werden (8§ 1318). 
Das BGB. läßt die kirchlichen Verpflichtungen betreffend die Trauung 
unberührt (§ 1588); sie darf aber (bei Strafe) der bürgerlichen Eheschließung 
erst nachfolgen (Personenstands G. § 69); für die preußische Landeskirche 
gelten Kirchen G. betr. die Trauungsordnung 27. 7. 80 und betr. Ver- 
letzung kirchlicher Pflichten 30. 7. 80 (KirchlG. u. VBl. 109 u. 116). 
III. Titel. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe (§§ 1324—1347). 
a) Nichtig ist die Ehe nur im Fall der: 1. Verletzung der wesent- 
lichen Form der Eheschließung; 2. Geschäftsunfähigkeit, Bewußt- 
losigkeit, Geisteskrankheit; 3. Doppelehe; 4. Blutschande; 5. Heirat 
mit dem Ehebrecher (§§ 1324—1328). Die Nichtigkeit kann regel- 
mäßig nur im Wege der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden 
(§ 1329; auch vom Staatsanwalt f. ZPO. 8 632). 
b) Anfechtbar ist eine Ehe, weil vorliegt: 1. Der Mangel der Ein- 
willigung des gesetzlichen Vertreters (nicht der der Eltern) seitens 
des Vertreters und des geschäftsfähig gewordenen Ehegatten; 2. Irrtum 
über die Tatsache der Eheschließung; 3. Irrtum über die Person 
(Identität) oder über wesentliche persönliche Eigenschaften des Ehe- 
gatten (z. B. Jungfernschaft [RGer. 48, 1571, ansteckende Krankheit, 
entehrende Strafen); 4. Arglistige Täuschung (aber nicht über Ver- 
mögensverhältnisse); 5. Widerrechtliche Drohung (§§ 1331—1335); 
6. Irrtum über das Leben des für tot erklärten ersten Ehegatten 
(§ 1350). Die Anfechtung erfolgt durch die binnen 6 Monaten 
zu erhebende Anfechtungsklage (§§ 1339 f., 8PO. S§ 606 ff.) und 
bewirkt, daß die Ehe als von Anfang an nichtig angesehen wird (§5 1343). 
IV. Titel. Wiederverheiratung im Falle der Todeserklärung 
(66 1348—1352). 
Mit der Schließung der neuen Ehe wird die frühere Ehe aufgelöst, 
es sei denn, daß beide Ehegatten wissen, daß der Verschollene die Todes- 
 
	        
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