Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

VGB. Pflegschaft. Erbrecht. 135 
III. Titel. Pflegschaft (§§ 1909—1921). 
Eine allgemeine Bestimmung, nach welcher eine Pflegschaft eingeleitet 
werden kann, gibt es nicht; wohl aber bestehen eine große Anzahl von 
Fällen, in welchen eine Pflegschaft reichsrechtlich oder landesrechtlich vor- 
geschrieben ist (s. § 1141; Z3 PO. 88§ 57, 494, 779; Güterpfleger bei der 
Vermögensbeschlagnahme g8 334, 480 Str.. 
Nach BG. ist insbesondere ein Pfleger zu bestellen: 
1. Für Personen unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft, wenn 
der Gewalthaber an der Erledigung der Angelegenheit verhindert 
ist (Interessenwiderspruch, Anordnung des Geschenkgebers oder 
Erblassers (§ 1909); 
2. für gebrechliche Volljährige (insbes. Taube, Blinde, Stumme) mit 
riren Einwilligung, falls eine Verständigung mit ihnen möglich ist 
1910); 
3. für diejenigen, die durch unbekannten oder weit entfernten Auf- 
enthalt an der Besorgung ihrer Angelegenheiten verhindert sind 
(Abwesenheitspflegschaft § 1911; FrwEG. § 3 
4. für eine Leibesfrucht im Bedarfsfalle (8 1913 Frw. 8 40; 
5. für die unbekannten oder ungewissen Beteiligten bei einer. 
Angelegenheit insbesondere für Nacherben, die noch nicht erzeugt 
oder deren Persönlichkeit erst durch ein künftiges Ereignis bestimmt 
wird (§ 1913); 
6. für ein zu einem vorübergehenden Zweck öffentlich gesammeltes 
Gern? gen nach Wegfall der zur Verwaltung berufenen Personen 
8 1814 
Fünftes Buch. Erbrecht. 
Erster Abschnitt. Erbfolge (68 1922—1941). 
1. Allgemeine Grundsätze: Mit dem Tode einer Person (Erb- 
fall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als ganzes auf eine 
oder mehrere andere Personen (Erben) über, d. h. kraft Ge- 
setzes erwirbt der Erbe ohne weiteres als Universalnachfolger die Erb- 
schaft („der Tote erbt den Lebendigen“, § 1922). 
Erbe kann nur werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt 
(der bereits Erzeugte, aber noch nicht Geborene gilt als vor dem Erbfall 
geboren (§ 1928). 
2. Die gesetzliche Erbfolge (im Gegensatz zur gewillkürten, d. h. 
vom Erblasser bestimmten) erfolgt in fünf Ordnungen: 
I. Ordnung: Die Abkömmlinge des Erblassers. Der lebende 
Nachkomme schließt seine Abkömmlinge aus; die Abkömmlinge des 
toten Nachkommen treten an dessen Stelle (Erbfolge nach Stämmen); 
Kinder erben zu gleichen Teilen (im Beifpiel Erblasser ist F. Ka, 
Kb nd Ee sind vorher gestorben; PEa ½, Eb ½, UE ½, 
Ke ; § 1924). 
II. Ordnung: Die Eltern des Erblassers und deren Ab- 
kömmlinge. Leben die Eltern, so erben sie allein und zu gleichen
	        
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