Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

138 BGB. Rechtliche Stellung des Erben. 
kann formlos erfolgen; die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen 
vom Tage der Kenntnis der Berufung (bei Berufung durch Verfügung 
von Todes wegen stets erst vom Tage der Verkündung) an gerechnet beim 
Nachlaßgericht in öffentlich beglaubigter Form erklärt werden; für den Fall, 
daß der Erblasser seinen Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder der 
Erbe bei Beginn der Frist sich im Ausland aufgehalten hat, verlängert 
sich die Frist auf sechs Monate (§ 1944). Ist die Erbschaft einmal an- 
genommen, kann sie nicht mehr ausgeschlagen werden; ist die Aus- 
schlagungsfrist verstrichen, so gilt die Erbschaft als angenommen (§ 1943). 
Annahme und Ausschlagung können nicht unter Bedingung oder Zeit- 
bestimmung erfolgen (§ 1947), ebensowenig nur für einen Teil der Erb- 
schaft (§ 1950); dagegen kann der durch Testament oder Erbvertrag eingesetzte 
Erbe die Erbschaft ausschlagen und als gesetzlicher Erbe sie annehmen (8 1948). 
Das Recht, die Erbschaft auszuschlagen, ist vererblich; für die Erben der 
Erben läuft deren Ausschlagungsfrist; von ihnen kann jeder den seinem 
Erbteil entsprechenden Teil der Erbschaft ausschlagen (§ 1952). — Wird 
die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall als nicht erfolgt, und die 
Erbschaft fällt nunmehr an denjenigen, der Erbe geworden wäre, wenn 
der Ausschlagende nicht gelebt hätte (§ 1953). Vor der Annahme kann 
ein gegen den Nachlaß gerichteter Anspruch gegen den Erben nicht geltend 
gemacht werden (s. 8PO. 8§ 778; Konk O. § 9); besorgt der Erbe vor 
der Ausschlagung erbschaftliche Geschäfte, so wird er wie ein Geschäfts- 
führer ohne Auftrag angesehen (§ 1958). 
Die fürsorgende Tätigkeit des Nachlaßgerichts betrifft 
die Sicherung des Nachlasses (Siegelung, Hinterlegung von Wertgegen- 
ständen, Nachlaßverzeichnis, Nachlaßpflegschaft), bis die Erbschaft ange- 
nommen ist und soweit ein Bedürfnis besteht, oder ferner, wenn der Erbe 
unbekannt oder es ungewiß ist, ob er angenommen hat (§ 1960); auf An- 
trag eines Gläubigers muß in solchem Fall ein Nachlaßpfleger bestellt 
werden (8 1961). 
Ist in angemessener Frist nach öffentlicher Bekanntmachung kein Erbe 
ermittelt, so erklärt das Nachlaßgericht, daß außer dem Fiskus kein Erbe 
vorhanden ist, womit die Vermutung begründet wird, daß der Fiskus 
Erbe ist (§§ 1964—19606). 
II. Titel. Haftung des Erben für Nachlaßverbindlichkeiten 
(668 1967—2017). 
I. Für alle Nachlaßver bindlichkeiten, insbesondere die 
Schulden des Erblassers, die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Ver- 
mächtnissen, Auflagen, sowie die Kosten der standesmäßigen Beerdigung 
haftet der Erbe; den im Hausstand befindlichen, vom Erblasser unter- 
haltenen Familienangehörigen hat er 30 Tage nach dem Eintritt des Erb- 
falls noch Unterhalt und Wohnung zu belassen. 
II. Um sich über die Verschuldung des Nachlasses zu unterrichten hat 
der Erbe zunächst eine Frist von 3 Monaten nach der Annahme der Erb- 
schaft, binnen deren er die Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit ver- 
weigern darf. Die Frist endet aber spätestens mit der Inventarerrichtung 
(§ 2014). Er kann ferner, um sich vor den Folgen der Bevorzugung
	        
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