Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

146 BGB. Testamentserrichtung. 
Taubstumme, die nicht schreiben können, und Stumme bzw. der Sprache 
beraubte Personen, die minderjährig sind oder Geschriebenes nicht lesen 
oder nicht schreiben können, §§ 2238, 2247, 2248). Minderjährige über 
16 Jahre können ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters testieren. 
2. Die Testamentsformen sind die ordentlichen oder außer- 
ordentlichen. 
A. Ordentliche sind: 
a) vor einem Richter (nebst Gerichtsschreiber oder zwei Zeugen) oder 
vor einem Notar (nebst einem zweiten Notar oder zwei Zeugen); 
b) durch eine von dem Erblasser unter Angabe des Ortes und Tages 
(wahrheitsgemäß! RGer. 51, 166) eigenhändig geschriebene und 
unterschriebene Erklärung (sog. holographisches d. h. ganz ge- 
schriebenes Testament) (§ 2231 f.). 
Das gerichtliche oder notarielle Testament ist vom Erblasser vor 
Richter oder Notar mündlich zu erklären oder als Schrift mit der münd- 
lichen Erklärung zu übergeben, daß die Schrift den letzten Willen ent- 
halte; ein Minderjähriger und, wer Geschriebenes nicht lesen kann, kann das 
Testament nur durch mündliche Erklärung errichten (2238). Über den 
Hergang ist ein Protokoll aufzunehmen, das nebst dem Testament in be- 
sondere amtliche Verwahrung zu nehmen ist; der Erblasser erhält einen 
Hinterlegungsschein (§§S§ 2240—2246; A. Art. 81). 
Das holographische Testament darf von Minderjährigen oder 
Personen, die Geschriebenes nicht lesen können, nicht errichtet werden; es 
kann privatim aufbewahrt, aber auch in gerichtliche Verwahrung gegeben 
werden (§ 2247f.) Nach dem Tode ist es unverzüglich an das Nachlaß- 
gericht abzuliesern. 
B. Außerordentliche Testamentsformen sind bei Besorgnis 
nahen Todes 
a) die Errichtung vor dem Gemeindevorsteher (oder Vorsteher eines 
selbständigen Gutsbezirks AG. Art. 80) und zwei Zeugen (§ 2249, 
s. V. 19. 1. O0 MBl. 80 und Anweisung 23. 6. 00 Anl. z. 
JIMBl. Nr. 32). An Stelle des Gemeindevorstehers kann vom Justiz- 
minister eine besondere Vorstandsperson bestellt werden (Art. 80 
Abs. 2 A#. Allg V. 15. 3. 04 JMl. 90 nebst Anw. für die 
Urkundsperson). 
b) bei Verkehrssperre in derselben Form oder mündliche Erklärung vor 
drei Zeugen (§ 2250) und 
e) auf — mündliche Erklärung zu Protokoll vor drei Zeugen 
(§ 2251). 
Die Geltungsdauer dieser Testamente beträgt nur drei Monate, wenn 
der Erblasser dann noch lebt. Daneben besteht noch das Militärtestament 
(s. RMilG. 2. 5. 74 § 44 und RG. 28. 5. 1901 betr. die freiw. Ge- 
richtsbarkeit in Heer und Marine). Über die abweichende Form des 
Testaments beim Anerbenrecht (Rentengüter) s. § 32 G. 8. 6. 96, auf- 
recht erhalten durch EG. Art. 64. 
3. Die Aufhebung des Testaments erfolgt durch Widerruf (8 2253 
bis 2257) oder durch ein späteres widersprechendes Testament (§ 2258). 
Ein gerichtliches oder notarielles Testament gilt als widerrufen, wenn es
	        
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