Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

GewO. 88 105-119. Gewerbliche Arbeiter. 203 
VII. Titel. Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge, 
Betriebsbeamte, Werkmeister, Techniker, Fabrikarbeiter). 
I. Allgemein gilt, daß der Arbeitsvertrag der freien Übereinkunft 
unterliegt, soweit nicht die GewO. Bestimmungen trifft. Dazu gehört 
das Verbot der Verpflichtung zur Sonntagsarbeit (auch für Handlungs- 
gehilfen § 154; RE. 18. 12. 08) und das Gebot der vollen Sonntags- 
ruhe für die im § 105b Abs. 1 gen. Gewerbe; im Handelsgewerbe 
(§ 105b Abs. 2; AusfAnw. Z. 141—180) darf das Personal am ersten 
Weihnachts-, Oster= und Pfingsttage überhaupt nicht, an den übrigen 
Sonn= und Festtagen (s. G. 12. 3. 93 betr. gesetzl. Feiertage) nur fünf 
Stunden unter Freilassung der Gottesdienstzeit beschäftigt werden. Durch 
Ortsstatut (§ 142) kann diese Zeit noch verkürzt werden. In derselben 
Zeit muß der Gewerbebetrieb in offenen Verkaufsstellen (§ 41 a, auch 
denen der Konsum= und anderer Vereine s. o.) und regelmäßig der 
Hausierhandel ruhen (§ 55 a). Für die übrigen Bestimmungen, die aus- 
drücklich nur das Gast-, Schank= und Verkehrsgewerbe und Lustbarkeiten 
(§ 105i) ausnehmen, sind Erweiterungen und Dispense durch die Ver- 
waltungsbehörden, Bundesrat oder kais. Verordnung (AusfAnw. Z. 133 
bis 179; GewInspektion: ME. 17. 4. 1910 HMl. 151; s. wegen der Sonn- 
tagsheiligung S. 18) vorgesehen. Widersprechende Vertragsbestimmungen sind 
nichtig (§ 105 a), Zuwiderhandlungen machen strafbar (§ 146 a). — Der 
Ehrenrechte ermangelnde Arbeitgeber dürfen Personen unter 18 Jahren 
nicht anleiten, andernfalls die Entlassung polizeilich erzwungen werden 
kann (§ 106). — Aus der Volksschule entlassene, minderjährige Personen 
müssen ein von der Polizei ausgestelltes Arbeitsbuch haben (§§8 107 bis 
112, 146 Nr. 3 150 Nr. 1—3; AusfA Anw. Z. 181—191), in welches 
vom Arbeigeber Zeit und Art der Beschäftigung mit Tinte einzutragen 
ist. — Jedem Arbeiter ist auf Antrag ein Zeugnis über Art und 
Dauer der Arbeit beim Abgang auszustellen, auf Verlangen auch über 
seine Führung und Leistungen; die Polizei muß es kosten= und stempel- 
frei beglaubigen (§ 113 f.). Für bestimmte Gewerbe kann der Bundes- 
rat Lohnbücher oder Arbeitszettel vorschreiben, die der Arbeitgeber zu be- 
schaffen und in die er Art und Umfang der Arbeit, die Lohnsätze, die 
Bedingungen für Stellung von Werkzeug und Stoff, ev. auch für gewährte 
Kost und Wohnung einzutragen hat (§ 114 a; s. Bek. 9. 12. 02 Rl. 
295 betr. Lohnbücher für die Kleider= und Wäschekonfektion). — Die 
Löhne sind bar auszuzahlen (Verbot des sog. Trucksystems), in Gast- 
und Schankwirtschaften sowie Verkaufsstellen nur mit behördlicher Er- 
laubnis. Waren dürfen nicht kreditiert, nur Lebensmittel für den 
Preis der Anschaffungskosten, andere Naturalien für den der durch- 
schnittlichen Selbstkosten unter Verrechnung auf den Lohn verabfolgt 
werden. Ist trotzdem z. B. eine Uhr dem Arbeiter auf Borg gegeben, 
so kann er jederzeit den baren Lohn verlangen, und die Uhr verfällt der 
Kranken= oder Armenkasse (§§ 114—119, 146 Z. 1). Durch Ortsstatut 
können bestimmte Fristen von mindestens einer Woche und längstens einem 
Monat für die Lohnzahlungen festgesetzt, ferner bestimmt werden, daß der 
Lohn von Minderjährigen an Eltern oder Vormünder und nur mit deren 
 
	        
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