Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

Preußische Verfassung; Staatsangehörigkeit. 247 
Gemeinde bzw. der Ortsarmenverband zu hören (§ 8). Eine vorbehaltlose 
Bestallung höherer Verwaltungsbehörden für einen in den unmittelbaren 
oder mittelbaren Staatsdienst oder in den Kirchen-, Schul= oder Kom- 
munaldienst aufgenommenen Ausländer oder Angehörigen eines anderen 
Bundesstaates vertritt die Stelle der Naturalisations= bzw. Aufnahme- 
Urkunde (§ 9). Da nach dem FreizügigkG. 1. 11. 67 und § 7 St- 
Angehörigk G. früheren Reichsangehörigen, deren Rückkehr in den Heimat- 
staat unerwünscht ist, und aus dem Gebiete eines Bundesstaates aus- 
gewiesenen Reichsausländern auf Grund der in einem anderen Bundes- 
staate erworbenen Reichsangehörigkeit die Möglichkeit gegeben ist, sich in 
dem Gebiete des früheren Staates niederzulassen bzw. die Staatsangehörig- 
keit zu erwerben, soll auf Naturalisationsgesuche solcher Reichsausländer 
oder früherer Reichsangehöriger nicht eher Entscheidung getroffen werden, 
als bis den interessierten Bundesstaaten Gelegenheit zur Außerung ge- 
geben ist (Bundesrats Beschl. 22. 1. 91, 3V. 12. 10. 91, MBl. 171; 
ME. 31. 10. 97 nebst Verzeichnis der zu befragenden Behörden, Ml. 
S. 214f.) 1). Ausländern, welche im Reichsdienst angestellt sind, ein 
Diensteinkommen aus der Reichskasse beziehen, aber ihren dienstlichen 
Wohnsitz im Auslande haben, muß die Staatsangehörigkeit in dem Staate 
verliehen werden, bei welchem sie diese nachsuchen (RG. 20. 12. 75, 
RGl. 324). Ausländern, welche in den Schutzgebieten sich niederlassen, 
sowie Eingeborenen kann durch Naturalisation die Reichsangehörigkeit 
von dem Reichskanzler verliehen werden (§ 9 SchutzgebG. Wegen Ver- 
leihung deutsch-ostafrikanischer Landesangehörigkeit und ihrer Rechtsfolgen 
A. 24. 10. 03, RAnz. Nr. 258). — Ein Anspruch auf Naturalisation 
besteht nicht; das Verwtreit Verf. ist nicht zulässig, OVG. PrBl. 
23, 742. 
Verloren geht die Staatsangehörigkeit: bei Frauen durch Verheiratung 
mit einem Nichtdeutschen, sonst durch Legitimation; durch 10 jährigen 
ununterbrochenen (Unterbrechung durch Eintragung in die Matrikel eines 
Konsulats, hierzu O# 14, 388; 38, 393 u. 40, 417; dagegen RGer. 
16. 12.95; Standpunkt des Ministers ME. 27. 8. 03 MBl. 187) Aufenthalt 
im Auslande (Schutzgebiete gelten als Inland); durch Entlassung auf Antrag; 
durch Ausspruch der Behörde. Die zehnjährige Frist kann durch Staatsvertrag 
mit ausländischen Staaten bis auf eine fünfjährige vermindert werden (§ 21 
Abs. 3). (Durch den sog. Bancroftvertrag zwischen dem Norddeutschen 
Bunde und den Vereinigten Staaten von Nordamerika 22. 2. 68 
[Be#l. 228) ist festgesetzt, daß Angehörige des einen Staates, welche 
5 Jahre in dem anderen zugebracht haben und dort naturalisiert sind, als 
dessen Angehörige betrachtet werden; daß, wenn ein Naturalisierter sich 
wieder in seinem Heimatslande, ohne die Absicht, in das Adoptivvaterland 
zurückzukehren, niederläßt, dies als Verzicht auf jene Naturalisation an- 
gesehen werden soll, und daß dieser Verzicht angenommen werden kann, 
wenn der Naturalisierte sich über 2 Jahre in dem Gebiete des anderen 
Staates aufgehalten hat. Eine solche Bestimmung, wie sie der nord- 
amerikanisch-belgische Vertrag enthält, daß nämlich der Naturalisierte, 
1) In Berlin der Polizeipräsident.
	        
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