250 Preußische Verfassung.
gierungsakte des Königs bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegen-
zeichnung eines Ministers, der dadurch die Verantwortlichkeit
übernimmt (Art. 44). Der König hat die vollziehende Gewalt (Art. 45),
das Recht der Begnadigung und Strafmilderung (Art. 49). Er beruft
den Landtag und schließt dessen Sitzungen; er kann das Abgeordneten-
haus auflösen, dann müssen aber innerhalb 60 Tagen die Wähler und
innerhalb 90 Tagen der Landtag versammelt werden (Art. 51, 77).
Er kann den Landtag vertagen, aber ohne dessen Zustimmung nicht über
30 Tage und nicht wiederholentlich in derselben Session (Art. 52). —
(Zur Erhaltung der ganzen Königlichen Familie, des Hofstaates und der
dahin gehörigen Institute dient der „Kronfideikommißfonds“, an welchen
aus Staatsmitteln eine jährliche Rente (Zivilliste) entrichtet wird. Diese be-
trägt nach den G. 30.4.Q 59, 27. 1.68, 20. 2.89 u. 17.6. 10 betr. die Erhöhung
der Krondotation, gegenwärtig 17719 296 M., wovon durch G. 17. 1.1820
(bestätigt Verf. Art 59) die ursprüngliche Summe von 7719 296 M. auf
die Einkünfte der Domänen und Forsten angewiesen ist und deshalb nicht
im Etat erscheint. Vom Kronfideikommißfonds sind zu unterscheiden das
von Friedr. Wilh. I. gestiftete Königl. Hausfideikommiß und von Friedr.
Wilh. III. herrührend das Prinzliche Fideikommiß und der Krontresor.
Das Privatvermögen, über welches der König bei Lebzeiten nicht verfügt
hat, fällt dem Thronfolger ausschließlich zu. Die persönlichen und Ver-
mögensangelegenheiten des Königl. Hauses verwaltet das Hausministerium,
das auch in nichtstreitigen gerichtlichen und Standesamtssachen zuständig
ist). Die Landestrauer hat G. 14. 4. 03 (GS. 115) zum Gegenstand.
Wegen der Regentschaft vgl. Art. 56—58 Verf.
B. Von den Kammern (jetzt die beiden Häuser des Land-
tages G. 30. 5. 55.) Sie üben mit dem Könige gemeinschaftlich die
gesetzgebende Gewalt aus (Art. 62). An die Stelle der 1. Kammer ist
das Herrenhaus getreten (G. 7. 5. 53 u. V. 12. 10. 54), welches
aus den großjährigen Königl. Prinzen und den vom Könige mit erblicher
Berechtigung oder auf Lebenszeit berufenen Mitgliedern besteht. Das
Abgeordnetenhaus (früher 2. Kammer) hat jetzt 443 Mitglieder
(Art. 69; G. 30. 4. 51, 27. 6. 60, 17. 5. 67, 23. 6. 76 u. 28. 6. 06),
die aus mittelbaren (durch Wahlmänner vermittelten) Dreiklassenwahlen
hervorgehen. Die Art. 70—72 d. Verf. sind gemäß Art. 115 (dazu
Art. IV G. 28. 6. 06, GS. 318) bis zum Erlaß des WahlG. fus-
pendiert; es gilt die V. 30. 5. 49 (GS. 205), abg. G. 28. 6. 06
(GS. 318). Auf jede Vollzahl von 250 Seelen ist ein Wahlmann zu
wählen. Wahlberechtigt ist jeder selbständige Preuße, der das
24. Lebensjahr vollendet hat, sich im Vollbesitz der bürgerlichen Ehren-
rechte befindet, in der betr. Gemeinde 6 Monate wohnt oder sich aufhält
und nicht aus öffentlichen Mitteln für sich oder seine Familie Armen-
unterstützung erhält (§ 8 der Wahl V. 30. 5. 49). Für aktive Militär-
personen ruht die Wahlberechtigung (RMil G. 2. 5. 74. § 49). Die
Einteilungen in die 3 Abteilungen (Klassen) geschieht, und zwar gemeinde-
weise oder, falls der Urwahlbezirk mehrere Gemeinden oder eine Gemeinde
mehrere Urwahlbezirke umfaßt, für jeden Urwahlbezirk nach Maßgabe der
direkten Staats-, Provinzial-, Bezirks-, Kreis= und Gemeindesteuern bzw.,