Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

Beamte (Disziplinarverhältnisse). 367 
noch anderweite disziplinare Ahndung eintreten (OVG. 22. 5. 96 bei 
Kunze-Kautz, Rechtsgrundsätze II, 1087). Im übrigen soll ein Beamter 
den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegen, wenn er: a) die Pflichten 
verletzt, die ihm sein Amt auferlegt½), oder b) sich durch 
sein Verhalten in oder außer dem Amte der Achtung, des 
Ansehens oder des Vertrauens, die sein Beruf erfordert, 
unwürdig zeigt (ogl. bezügl. Schuldenmachens KO. 12. 5. 41, Ml. 
202, bezügl. wiederholter Trunkenheit KO. 24. 12. 36, Annal. 1837, 
21, 13). — Verstößt die betr. Handlung zugleich gegen ein Strafgesetz, 
so ist zunächst das gerichtliche Verfahren abzuwarten. Wird hier auf 
Freisprechung erkannt, so findet wegen der dabei zur Erörterung ge- 
kommenen Tatsachen ein Disziplinarverfahren nur noch insofern statt, als 
sie an sich und ohne Beziehung zu dem gesetzlichen Tatbestande der Uber- 
tretung, des Vergehens oder Verbrechens, welche den Gegenstand der 
Untersuchung bildeten, ein Dienstvergehen enthalten. Ist eine Verurteilung 
ergangen, welche den Verlust des Amtes nicht zur Folge hat, so bleibt 
es der zuständigen Behörde überlassen, ob sie außerdem noch ein Disziplinar- 
verfahren einleiten will. Ist auf Freiheitsstrafe über ein Jahr, auf Ver- 
lust der bürgerlichen Ehrenrechte, auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffent- 
licher Amter oder Stellung unter Polizeiaufsicht erkannt, so hat solches 
Erkenntnis ohne erneute Entscheidung den Verlust des Amtes zur Folge 
(§§ 2—8). Der Dissziplinarrichter ist nicht nur bei einem freisprechenden 
Strafurteil, sondern stets an die vorausgegangene tatsächliche Feststellung 
des Strafrichters gebunden (Urteil des Reichsdisziplinarhofes 1. 4. 74 
RZBl. 143; OVG. 22, 429 unter Mißbilligung des Staatsministerial- 
beschlusses 23. 3. 81, MBl. 134, U. Bl. 340). — Vor dem Eintritt in 
die Beamtenstellung begangene Handlungen können nicht Gegenstand 
disziplinarer Bestrafung sein (OVG. 22. 423), wohl aber die Handlungen 
in früheren Amtsstellungen (OVG. 49, 49, 415). 
B. Strafen: 
a) Ordnungsstrafen, nämlich: Warnung, Verweis, Geldbuße, gegen 
untere Beamte (Boten, Diener usw.) Arreststrafe bis zu 8 Tagen 2), 
kann jeder Dienstvorgesetzte gegen seine Untergebenen erlassen, jedoch 
ist die Geldstrafe bei den Provinzialbehörden auf einen Hochst- 
betrag von 90 Mk. und gegenüber besoldeten Beamten auf den Be- 
trag des einmonatigen Diensteinkommens (d. h. Gesamtdiensteinkommens 
aus Haupt= und Nebenämtern, OV. 25, 412) begrenzt. Innerhalb 
dieser Grenze ist die Befugnis des Landesdirektors bis auf den Betrag 
von 30 Mk. beschränkt (§ 19 G. 21. 7. 52, § 982 ProvO.). Die 
Befugnis der unter den Provinzialbehörden stehenden Behörden, ein- 
schließlich der Landräte, geht bis auf 9 Mk. 3) oder 3 Tage Arrest. Gegen 
verfügte Ordnungsstrafen ist die Beschwerde zulässig (die Klage beim OVG. 
für Kommunalbeamte nur im Falle des oben S. 301 in § 80 der St. 
aufgenommenen § 20 8 36) des ZG., vgl. O G. 16, 404; 20, 445). 
Gutsdiener haben die Klage aus § 36 8G. nicht (OG. 18, 442). 
1) So auch RBG. 83 72. 
2) Das B. kennt die Arreststrafe nicht. 
5) Für Reichsbeamte s. 88 743, 81 RBG. 
 
	        
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