Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

Staatssteuern (Einkommensteuer). 385 
die der Berufungskommission durch den Finanzminister bestimmt. Die 
Zusammensetzung der Kommissionen geschieht zum kleineren Teil durch 
Ernennung der Regierung, zum größeren bei den Voreinschätzungs- 
kommissionen durch Wahl der Gemeindeversammlung bzw. -Vertretung, 
bei den Veranlagungskommissionen durch Wahl der Kreisvertretung bzw. 
in den Stadtkreisen der Gemeindevertretung, und bei den Berufungs- 
kommissionen durch Wahl des Provinzialausschusses (§§ 32, 35, 46) 1). 
Für die Mitglieder und ihre Stellvertreter (die notwendig vorhanden sein 
müssen und deren Zahl die Regierung bestimmt) beträgt die Amtsdauer 
bei den Veranlagungs= und Berufungskommissionen 6 Jahre unter drei- 
jährigem Ausscheidungsturnus je der Hälfte der Ernannten und Ge- 
wählten (§§ 35, 46). Die passive Wahlfähigkeit ist durch Alter von 
25 Jahren und Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte bedingt. Annahme 
und Ablehnung erfolgen gemäß §§ 8 und 25 Kr O. Auch für die Vor- 
sitzenden der Kommissionen müssen Stellvertreter ernannt bezw. gewählt 
werden (§ 55). Die Verletzung der Pflicht der Geheimhaltung seitens 
der Mitglieder der Kommissionen wie der Beamten wird auf Antrag der 
Regierung 2) oder des Steuerpflichtigen mit Geldstrafe bis zu 1500 M. 
oder Gefängnis bis zu 3 Monaten bestraft (§ 75). Die Voreinschätzungs- 
kommissionen veranlagen nur die Nichteinkommensteuer- 
pflichtigen zu den Kommunalsteuern; ihre Hauptaufgabe besteht in 
der Voreinschätzung der Steuerpflichtigen mit einem Einkommen bis zu 
3000 M. Sie prüfen das Personenverzeichnis der Gemeindevorstände, 
berichtigen und vervollständigen die Einkommensteuerliste (§ 33 u. Art. 49 
AusfAnw.). 
Die Festsetzung der von der Voreinschätzungskommission vorgeschlagenen 
Steuersätze erfolgt durch den Vorsitzenden der Veranlagungskommission 
bzw. durch diese selbst, wenn der Vorsitzende Vorschläge beanstandet. Die 
Festsetzung des Einkommens aller übrigen Steuerpflichtigen, für welche 
ein Vorschlag nicht vorliegt, erfolgt durch die Veranlagungskommission 
(§ 37). Sind bei Beanstandung nähere Erklärungen nicht abgegeben, oder 
werden sie dauernd beanstandet, so setzt die Veranlagungskommission den 
Steuersatz nach ihrem Ermessen fest (§ 41). Über die Befugnisse und Pflichten 
des Vorsitzenden der Veranlagungskommission s. im übrigen § 36 ff., über 
die Befugnisse der Veranlagungskommission zwecks Aufklärung § 40. 
5. Rechtsmittel (§§ 43—54). Durch ihre Einlegung wird die 
Zahlung der veranlagten Steuer nicht aufgehalten (§ 68). Berufung 
an die Berufungskommission steht binnen 4 Wochen von der Zustellung 
des Ergebnisses der Veranlagung dem Steuerpflichtigen und vom 
Tage des Beschlusses dem Vorsitzenden der Veranlagungskommission zu; 
bei Einkommen bis zu 3000 M. zunächst erst Einspruch an die Ver- 
anlagungskommission und dann Berufung an die Berufungskommission. 
Die Einlegung des Rechtsmittels erfolgt seitens des Vorsitzenden der 
Veranlagungskommission bei dem Vorsitzenden der Berufungskommission; 
  
1) In Berlin übt die Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern das Ernennungsrecht 
zu den Voreinschätzungs= und Veranlagungskommissionen und der Finanzminister hinsichtlich der Be- 
rufungskommission aus; Wahlkörper: Magistrat und Stadtverordnete. 
2) In Berlin zuständig die Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern. 
Zelle, Handbuch. 6. Aufl. 25
	        
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