Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

Gerichtswesen (Gerichtsverfassung). 417 
DJZ. 06 Sp. 150) und die Provinzialverwaltungsbehörde befugt, wenn 
der Rechtsweg für unzulässig erachtet wird, bzw. auch dann, wenn die 
Zuständigkeit zur Entscheidung der Angelegenheit für die Verwaltungs- 
gerichte in Anspruch genommen wird. Die Konfliktserhebung unterbricht 
das gerichtliche Verfahren, sogar die Frist zur Urteilsverkündung (8 7 
der V.; ZPO. 8 249); sie ist unstatthaft, wenn die Zulässigkeit des 
Rechtsweges bereits durch rechtskräftiges oder ein mit Revision anfechtbares 
(Verkündung genügt, M. 13. 7. 04, MBl. 232) Urteil des ordentlichen 
Gerichtes feststeht (GVG. § 17 Nr. 4, § 4 VO. 1. 8. 79 i. d. Fassg. G. 
22. 5.02 Art. 1); der Ausspruch des Kompetenzgerichtshofs, daß der Rechts- 
weg zulässig sei, hebt die etwaige Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden 
auf (Art. 2 G. 22. 5. 02). — Haben sowohl die Gerichte, wie auch 
andererseits die Verwaltungs= oder Verwaltungsgerichtsbehörden sich für 
unzuständig erklärt (letzteres ist unzulässig, wenn das RGer. den Rechts- 
weg für ausgeschlossen erklärte, Art. 3 a. O.), so entscheidet der Kompetenz- 
gerichtshof über den nunmehr vorliegenden negativen Konflikt auf Antrag 
einer bei der Sache beteiligten Partei (§ 21 V0O.). 
3. Titel. Amtsgerichte. Ihnen stehen Einzelrichter vor. Ist 
ein Amtsgericht mit mehreren Richtern besetzt, so wird einem dieser von 
der Landesjustizuerwaltung die allgemeine Dienstaufsicht übertragen; sie 
kann, wenn mehr als 15 Richter vorhanden sind, geteilt werden (§ 22)1). 
Die Sitze und Bezirke der Amtsgerichte sind durch Königl. V. 5. 7. 79 
bestimmt; seit dem 1. 10. 82 können sie nur durch Gesetz verändert 
werden (AusfG. #§ 21; s. für Berlin und Umgegend G. 16. 9.99, GS. 391). 
Der Justizminister kann die Abhaltung von Gerichtstagen außerhalb des 
Gerichtssitzes anordnen (AusfG. § 22). 
Zuständig sind die Amtsgerichte in Zivilsachen: 
1. für Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche, deren Gegen- 
stand an Geld oder Geldeswert die Summe von 600 M. nicht übersteigt, 
soweit die Streitigkeiten nicht nach § 70 ohne Rücksicht auf den Wert des 
Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind; 
2. ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes für Streitig- 
keiten: a) zwischen Vermietern, Mietern und Untermietern von Wohn- 
oder anderen Räumen wegen Uberlassung, Benutzung und Räumung sowie 
wegen Zurückbehaltung der eingebrachten Sachen; b) zwischen Dienst- 
herrschaft und Gesinde, Arbeitgebern und Arbeitern hinsichtlich des Dienst- 
und Arbeitsverhältnisses der oben S. 207 zu 1 erwähnten Streitigkeiten, 
wenn sie während der Dauer des Dienst-, Arbeits oder Lehrverhältnisses 
entstehen; c) zwischen Reisenden und Wirten, Fuhrleuten, Schiffern, 
Flößern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, welche 
über Zeche, Fuhrlohn, Überfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und 
ihrer Habe und über deren Verlust und Beschädigung; d) zwischen Reisenden 
und Handwerkern, welche aus Anlaß der Reise entstanden sind; e) wegen 
Viehmängel, Wildschadens (s. G. 11. 7. 91, oben S. 98), f) aus einem 
außerehelichen Beischlaf und g) für das Aufgebotsverfahren (8§ 23). 
  
1) In Berlin führt ein Amtsgerichtspräsident die Aufsicht (G. 10. 4. 92, GS. 77, s. auch M. 
4. 9. 00, JIMl. 559). 
Zelle, Handbuch. 6. Aufl. 27
	        
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