Gerichtswesen (Gerichtsverfassung). 419
„Urliste") auf. Er sendet sie, nach Auslegung während einer Woche,
nebst den etwa erhobenen Einsprachen an den Amtsrichter, der die Urlisten
des Bezirkes zusammenstellt. Ein alljährlich bei dem Amtsgericht zusammen-
tretender Ausschuß, bestehend aus dem Amtsrichter als Vorsitzenden, einem
Staatsverwaltungsbeamten, sowie 7 von den Vertretungen der Gemeinden,
Kreise usw. gewählten Vertrauensmännern (AusfG. §§ 34 f.), entscheidet
über die Einsprachen und wählt aus der berichtigten Urliste für das nächste
Geschäftsjahr die vom Landgerichtspräsidenten bestimmte Zahl von Schöffen
und Hilfsschöffen (die an die Stelle wegfallender Schöffen treten). Die
Namen der gewählten Haupt= und Hilfsschöffen werden bei jedem Amts-
gerichte in gesonderte „Jahreslisten“ ausgenommen. Die ordentlichen
Sitzungstage des Schöffengerichts werden für das ganze Jahr im voraus
festgestellt. Die Reihenfolge, in welcher die Hauptschöffen an den einzelnen
Sitzungen teilnehmen, wird durch Auslosung in öffentlicher Sitzung des
Amtsgericht N (§§ 36 ff.); die Schöffen erhalten Reisevergütung
(AussG. § 36, s. auch MV. betr. Vorbereitungen zur Bildung der Schöffen-
gerichte 22. 7. 79, JM l. 195).
Zuständig sind die Schöffengerichte für alle Übertretungen; für die-
jenigen Vergehen, welche nur mit Gefängnisstrafe von höchstens 3 Monaten
oder Geldstrafe von höchstens 600 M., allein oder neben Haft, oder in
Verbindung miteinander oder in Verbindung mit Einziehung bedroht
sind, mit Ausnahme der im § 320 des StrG. (Verbot der Wieder-
oder Weiterbeschäftigung eines zu einer Beschäftigung im Eisenbahn= oder
Telegraphendienste gerichtlich für unfähig Erklärten) und der im § 74
G#VG. genannten (Zuwiderhandlungen gegen einige Reichsgesetze betreffenden)
Vergehen; für die nur auf Antrag zu verfolgenden Beleidigungen, wenn
die Verfolgung im Wege der Privatklage geschieht; für die nur auf Antrag
zu verfolgenden Körperverletzungen, qualifizierten Hausfriedensbruch, Be-
drohung mit einem Verbrechen, gewisse Fälle des strafbaren Eigennutzes;
für einfachen Diebstahl, Unterschlagung, Betrug und Sachbeschädigung
(Str G. §§ 242, 246, 263, 303), wenn der Wert des Objektes 150 M.
nicht übersteigt; für Begünstigung und Hehlerei bei einfachem Diebstahl
oder einfacher Unterschlagung (StrGB. §§ 258 Nr. 1 und 259), wenn
die Handlung, auf welche sich die Begünstigung oder Hehlerei bezieht, zur
Zuständigkeit der Schöffengerichte gehört; für die Zuwiderhandlungen gegen
das Feld-- und ForstpolizeiG. 1. 4. 80 (GS. 230, § 53). Bei Forst-
diebstahlssachen entscheidet der Amtsrichter allein; die Schöffen werden nur
zugezogen bei erschwerenden Umständen und beim dritten Rückfalle (G.
15. 4. 78, GS. 222, §§ 19, 21 ff., 30).
5. Titel. Landgerichte. Sie bestehen aus einem Präsidenten und
der erforderlichen Anzahl von Direktoren und Mitgliedern; die Mitglieder
können gleichzeitig Amtsrichter im Bezirk des Landgerichts sein. Es werden
bei ihnen Zivil= und Strafkammern gebildet und Untersuchungs-
richter bestellt (§§ 58—60). Die Zivilkammern entscheiden in der Besetzung
von 3 Mitgliedern, die Strafkammern sind in der Hauptverhandlung mit
5 Mitgliedern, in der Berufungs instanz bei Übertretungen, sowie bei
Zuwiderhandlungen gegen das Forstdiebstahls= und das Feld= und Forst-
polizeiG. (G. 15. 4. 78, § 19 und G. 1. 4. 80, § 58) und in Fällen
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