Gerichtswesen (Gerichtsverfassung). 425
12. Titel. Zustellungs= und Vollstreckungsbeamte (Gerichtsvoll-
zieher). Sie sind zuständig, Zustellungen aller Art zu bewirken (8P.
§ 166 ff., AusfG. z. SBPO. 24. 3. 79 § 1), Wechselproteste aufzunehmen,
freiwillige Versteigerungen von Mobilien, von Früchten auf dem Halme
und von Holz auf dem Stamme vorzunehmen, das tatsächliche Angebot
einer Leistung zu beurkunden, öffentliche Verpachtungen an den Meist-
bietenden im Auftrage des Gerichts, sowie Siegelungen, Entsiegelungen
und Inventuren im Auftrage des Gerichts oder Konkursverwalters vor-
zunehmen (AusfG. § 73, Art. 130 G. 21. 9. 99, GS. 249). Ihr
Geschäftskreis ist durch die Prozeß O. sowie durch die Gerichtsvollzieher O.
31. 3. 00, und die Geschäftsanweisung 1. 12. 99, s. oben S. 373 (beide
wiederholt erg.) geregelt. 1
13. Titel. Rechtshilfe. Die ordentlichen deutschen Gerichte haben
sich in allen Zivil= und Strafsachen und in Sachen der freiw. Gerichts-
barkeit Rechtshilfe zu leisten (§ 157, AusfG. § 87 Abs. 2 i. d. Fassg.
des Art. 130 G. 21. 9. 99, Reichs G. über freiw. Gerichtsbarkeit 17. 5.
98, § 2; ferner bezüglich Patent-Amt G. 7. 4. 91, Rl. 88, § 32;
GewerbegerichteG. 29. 7. 90, Rl. 155 i. d. Fassg. v. 29. 9. 01
(RBl. 353); § 61 Kaufm Ger G. 6. 7. 04 (Röl. 266, §5 16). Falls
nicht-ordentliche Gerichte beteiligt sind, kommt Bundes G. 21. 6. 69
(Bl. 305) in Betracht. Das Ersuchen um Rechtshilfe ist an das
Amtsgericht zu richten, in dessen Bezirke die Amtshandlung vorgenommen
werden soll (§ 158). Eine Freiheitsstrafe, welche die Dauer von sechs
Wochen nicht übersteigt, ist in demjenigen Bundesstaate zu vollstrecken, in
welchem der Verurteilte sich befindet (§ 163). Die Sicherheitsbeamten
eines Bundesstaates sind ermächtigt, die Verfolgung eines Flüchtigen auf
das Gebiet des anderen Bundesstaates fortzusetzen und den Flüchtigen
daselbst zu ergreifen. Der Ergriffene ist dann unverzüglich an das nächste
Gericht oder die nächste Polizeibehörde des Bundesstaates, in welchem er
ergriffen ist, abzuführen (8 168).
14. Titel. Offentlichkeit und Sitzungspolizei (88 170 bis
176). Die an sich bestehende Offentlichkeit der gerichtlichen Verhandlungen,
auch der Verkündigung der Urteils gründe kann wegen Gefährdung der
öffentlichen Ordnung, insbesondere der Staatssicherheit oder der Sittlich-
keit, ausgeschlossen werden. Die Aufrechterhaltung der Ordnung liegt
dem Vorsitzenden ob, das Gericht kann sie durch Ordnungsstrafen erzwingen
(§§ 177—185).
15. Titel. Gerichtssprache (§§ 186—193) ist die deutsche
(§ 186); s. G. 28. 8. 76 (GS. 389) über die Geschäftssprache der Be-
hörden nebst DolmetscherO. 18. 12. 99, JIMl. 856 (mehrf. erg.), (.
oben S. 373.
16. Titel. Beratung und Abstimmung erfolgt nicht öffentlich
(§ 195); die zur juristischen Ausbildung überwiesenen Personen dürfen
anwesend sein. Die Entscheidungen erfolgen nach der absoluten Mehrheit
der Stimmen. Bilden sich in Beziehung auf Summen, über welche zu
entscheiden ist, mehr als zwei Meinungen, deren keine die Mehrheit für
sich hat, so werden die für die größte Summe abgegebenen Stimmen den
für die zunächst geringere abgegebenen solange hinzugerechnet, bis sich eine