Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

Gerichtswesen (Zivilprozeß). 429 
bestand, Entscheidungsgründe, Urteilsformel [sog. Tenor], 88 311f; Ver— 
säumnis- und Anerkenntnisurteile haben eine abgekürzte Form, wenn sie 
antragsgemäß ergehen); es ist von den beteiligten Richtern zu unterschreiben. 
Wegen Berichtigung und Ergänzung s. §§ 319 f. Soweit über den erhobenen 
Anspruch entschieden wurde, ist das Urteil der (materiellen) Rechtskraft 
fähig d. h. die Rechtsverhältnisse der Beteiligten sind insofern endgültig 
festgestellt. Gegen zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene Parteien 
ergeht auf Antrag Versäumnisurteil; bezgl. des Bekl. gelten die 
Behauptungen der Klageschrift als zugestanden, so daß das Gericht noch 
prüfen muß, ob sie den Klageanspruch rechtfertigen. Dem Verurteilten steht 
binnen einer Notfrist von 2 Wochen (1 Woche bei dem Amtsgericht, 3 Tage 
bei dem Gewerbe= und Kaufmannsgericht) seit Zustellung des Urteils der 
Einspruch durch Einreichung einer Einspruchsschrift zu; Terminsladung, 
erfolgt von Amtswegen. 
Die Beweisaufnahme erfolgt nach Anordnung durch einen Beweis- 
beschluß (Inhalt s. § 359) vor dem Prozeßgericht oder in bes. Fällen durch 
ein einzelnes Mitglied oder ein anderes Gericht (beauftragter bzw. ersuchter 
Richter). Beweismittel sind: Augenschein, Zeugen (wegen Verweige- 
rung des Zeugnisses s. § 383 f., wegen der Vereidigung fjetzt nach der Ver- 
nehmung] §§ 391 f.), Sachverständige, Urkunden (wegen der Beweiskraft 
von öffentlichen und privaten Urkunden s. § 415 f., vgl. auch § 15 Pers St G. 
6. 2. 75) und Eid (der Eid wird über Tatsachen, welche in Handlungen 
des Gegners, seiner Rechtsvorgänger oder Vertreter bestehen oder von diesen 
Personen wahrgenommen worden sind sauch über innere Tatsachen, über 
Kenntnis von Tatsachen], §§ 445 f.) „zugeschoben“, d. h. der Gegner des 
Beweisführers muß schwören, daß die streitigen Tatsachen wahr bzw. nicht 
wahr sind; der Gegner kann den Eid zurückschieben. Auf die Leistung des 
Eides ist grundsätzlich durch bedingtes Endurteil zu erkennen, d. h. ein solches, 
welches in seiner Urteilsformel die verschiedenen Rechtsfolgen für den 
Fall der Leistung bzw. Verweigerung des Eides ausspricht. Erst nach 
Rechtskraft dieses Urteils erfolgt die Eidesleistung; der Eintritt der Rechts- 
folge wird dann durch bes. Endurteil [Läuterungsurteil] ausgesprochen. 
Eide nicht prozeßfähiger Personen werden deren gesetzlichem Vertreter zuge- 
schoben. In bes. Fällenkann die Eidesleistung durch Beweisbeschluß angeordnet 
werden, § 461. Ebenso kann das Gericht, wenn das bisherige Ergebnis 
nicht ausreicht, um ihm eine bestimmte Überzeugung bezüglich streitiger 
Tatsachen zu verschaffen, einer von beiden Parteien den Eid auferlegen. 
Die Form des Parteieides ist jetzt wesentlich vereinfacht; die Partei spricht 
nur noch die Eidesformel, nachdem der Richter die Eidesnorm (d. h. den 
Inhalt des Eides; für Zeugen und Sachverständige §§ 392, 410)] nebst 
der Eingangsformel verlesen hat (§ 481.). 
Das Verfahren vor den Amtsgerichten erweitert den Betrieb 
von Amtswegen, so insbes. hinsichtlich der Vollmachten (§§ 88 Abs. 2), der 
Zustellungen und Ladungen, der Aufklärung des Sachverhaltes bereits vor 
dem Termin, und im Termin selbst zusammen mit den Parteien. Zur Ab- 
kürzung des Verfahrens dienen insbes. folgende Bestimmungen: die Klage 
kann auch zu Protokoll des Gerichtsschreibers erklärt werden; die Einlassungs- 
frist beträgt innerhalb des Gerichtsbezirks nur 3 Tage; Fristen werden mit
	        
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