Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

448 Gesundheitswesen (Preuß. Seuchengesetz). 
das G. über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten 28. 8. 05 GS. 373 
in Kraft getreten 20. 10. 05. AusfBest. 15. 9. 05 MMBl. 371. Anw. 
zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten 10. 8. 06 Beil. zu Nr. 16 
MMBl., hierzu MV. 9. 7. 07 MBl. 231 betr. die Verhütung der Ver- 
breitung übertragbarer Krankheiten durch die Schulen. Uber die Tätigkeit 
des „Roten Kreuzes“ bei Seuchengefahr MV. 25. 3. 05 MBl. 78. 
Das Preußische Gesetz betrifft Diphtherie (Rachenbräune), übertrag- 
bare Genickstarre, Kindbettfieber, Körnerkrankheit (Granulose), Rückfall- 
fieber, Ruhr, Scharlach, Typhus, Milzbrand, Rotz, Tollwut oder Biß- 
verletzung durch tolle oder verdächtige Tiere, Fleisch-, Fisch= und Wurst- 
vergiftung, Trichinose. Bei allen diesen Krankheiten, außerdem bei Todes- 
fällen infolge Kehlkopf= und Lungentuberkulose besteht Anzeigepflicht. Für 
die Ermittelung der Krankheiten gelten dem Reichsgesetz ähnliche Be- 
stimmungen. Die Schutzmaßregeln sind für die einzelnen Krankheiten auf 
der Grundlage des R. besonders geregelt (§ 8). Bei Körnerkrankheit 
und, soweit es sich um Gewerbsunzucht treibende Personen handelt, auch 
bei Syphilis, Schanker, Tripper kann Zwangsheilung angeordnet werden 
(§ 9). Die Entschädigungspflicht des Staates oder der Träger der orts- 
polizeilichen Lasten ist beschränkter als nach dem RG. Entschädigung für 
Erwerbsverlust, wie nach § 28 RG. wird nicht gewährt, und für Sach- 
schaden durch Vernichtung oder Unbrauchbarmachung nur insoweit, als der 
Beschädigte den Schaden nicht ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine 
Familie notwendigen Lebensunterhalt zu tragen vermag. Die Festsetzung 
der Entschädigung, auch für die Fälle des RG. geschieht durch die Orts- 
polizeibehörde (§ 15), wegen der Hinzuziehung Sachverständiger vgl. § 17. 
Die Kosten, die durch die Zuziehung des beamteten Arztes bei der Ausführung 
des Reichsseuchengesetzes und des preußischen Gesetzes entstehen, ebenso, wenn 
es sich um ärztliche Feststellung von Scharlach, Körnerkrankheit und Diph- 
therie handelt, fallen der Staatskasse zur Last, ferner trägt der Staat 
die Kosten, die durch landespolizeiliche Maßnahmen zur Bekämpfung der 
Seuchengefahr entstehen. Die anderen aus öffentlichen Mitteln zu be- 
streitenden Kosten sind ortspolizeiliche und fallen den Gemeinden und 
Gutsbezirken zur Last. Wenn die einer Gemeinde erwachsenden Kosten 
mehr als 5% des staatlich veranlagten Einkommensteuersolls einschließlich 
der fingierten Normalsteuersätze in dem Etatsjahre übersteigen, so ist der 
Mehrbetrag der Gemeinde zu / auf Antrag vom Kreise zu erstatten. 
Der Staat erstattet hierzu dem Kreise die Hälfte (§ 27 Abs. 3). Die 
Gemeinden sind verpflichtet, diejenigen Einrichtungen, die zur Bekämpfung 
der Seuchen notwendig sind, zu treffen und zu unterhalten. Die Ein- 
richtung kann durch die Ausfsichtsbehörde angeordnet werden. Hiergegen 
Beschwerde beim Kreis-, in Stadtgemeinden beim BzAussch. Weitere 
Beschwerde geht an den Provinzialrat 1), dagegen Klage beim OVG. (§ 30). 
Zur internationalen Seuchenbekämpfung ist die Int. UÜbereinkunft 
betr. Maßregeln gegen die Pest, Cholera, Gelbfieber vom 9. 12. 03 
RGl. 07, 425 geschlossen worden. Ferner ist zu erwähnen Abk. mit 
Belgien (13) 7. 8. 07 RGl. 08, 36 betr. Nachrichtenaustausch über 
1) In Berlin zuständig zur Anordnung nach § 90 der Oberprüsident: dagegen Beschwerde an 
den Minister (8 48 LVG.). #
	        
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