Armenwesen (Armenanstalten). » 453
sein, ist vom Nichtempfang öffentlicher Unterstützung während einer ge—
wissen Dauer abhängig (Wahlgesetz, §§ 1, 3, § 8 Preuß. Wahlverordnung
30. 5. 49; §§ 33, 85 GWW.; §& 5 St., §§ 41, 44" LGO., § 11
Gew GG., § 10 Kaufm G.). Grundsätzlich sind unter Armenunter-
stützungen in diesem Sinne nicht nur laufende Unterstützungen, sondern
alle Maßnahmen zur Linderung auch eines vorübergehenden Notstandes
zu verstehen (OV. 37, 14 ff.). Reichsrechtlich ist jedoch durch das G.
15. 3. 09 (RGl. 31) bestimmt, daß als Armenunterstützungen, soweit
Reichsgesetze daran eine Minderung der öffentlichen Rechte knüpfen,
nicht angesehen werden sollen: die Krankenunterstützung, die Anstaltspflege
geistig oder körperlich gebrechlicher Angehöriger; Unterstützungen zum
Zwecke der Jugendfürsorge, der Erziehung und der Ausbildung für einen
Beruf; vorübergehende zur Hebung einer augenblicklichen Notlage gewährte
Unterstützungen; erstattete Unterstützungen. Auf landesgesetzliche
Beschränkungen bezieht sich das Gesetz aber nicht.
Quelle des Armenrechtes war im Preuß. Landrecht der Titel XIX
Teil II „Von Armenanstalten und milden Stiftungen“ § 89 ff. Er ist
im wesentlichen durch die neuere unten zu behandelnde Gesetzgebung ersetzt
worden. Gültig sind noch die wichtigen Grundsätze über die
öffentlichen Armen-Anstalten:
1. Verhältnis des Staates zu ihnen: „Armenhäuser, Hospi-
täler, Waisen= und Findel-, Werk= und Arbeitshäuser und dergl. (Okr.
40, 78; RGer. Gruchot 26, 1044) stehen unter dem besonderen Schutze
des Staats“ (§ 32). Die Errichtung solcher Anstalten ist dem Staate
zur Prüfung der Grundsätze ihrer Verfassung anzuzeigen; dieser ordnet
ihre Einrichtung, soweit dies vom Stifter nicht in zulässiger Art geschehen
ist, und führt stets über sie die Oberaufsicht, die sich jedoch nicht bis zu
einer regelmäßigen, fortlaufenden Kontrolle ausdehnen soll, sondern sich
auf außerordentliche Visitationen und dergl. zu beschränken und haupt-
sächlich darauf zu achten hat, daß die Einkünfte zweck= und vorschrifts-
mäßig verwendet werden (§§ 33—40). „Wird wegen veränderter Um-
stände die in der Stiftungsurkunde vorgeschriebene Verwendungsart
unmöglich oder gar schädlich, so muß der Staat die Güter und Einkünfte
einer solchen Anstalt zu einem anderen, der wahrscheinlichen Absicht des
Stifters so viel als möglich gemäßen Gebrauche widmen“ (§ 41). Im
übrigen gelten hinsichtlich der Staatsaufsicht für solche Anstalten, soweit
sie eigene juristische Persönlichkeit besitzen, die einschlägigen Rechtsnormen
über Anstalten und Stiftungen, soweit sie von öffentlichen Verbänden
(Gemeinden, Kreisen usw.) betrieben werden, die für diese Verbände be-
stehenden besonderen Vorschriften. Uber Stiftungen insbesondere BGB.
§§ 80—88; A#GB. Art. 4 ff.
2. Rechte der Anstalten:
a) im allgemeinen: Sie haben, wenn sie vom Staate ausdrücklich
oder stillschweigend genehmigt sind, die Rechte juristischer Personen (§ 42);
ihr Vermögen hat die Rechte der Kirchengüter (§ 43); ist also auch bei
Veräußerungen denselben Regeln wie diese unterworfen (M. 30. 12. 44
und 2. 6. 75, JM l. 5 und 131). Wegen der Zuwendungen an sie
gilt ABGB. Art. 6, s. S. 7. Von den unentgeltlich Aufgenommenen