454 Armenwesen (Erbrecht der Armenanstalten).
kann die Anstalt häusliche Dienste und andere zum Gebrauche in der
Anstalt bestimmte Arbeiten fordern (§ 87f.). Der Vorstand einer öffent-
lichen Erziehungs= und Verpflegungsanstalt hat den dort untergebrachten
Minderjährigen gegenüber die Rechte und Pflichten eines Vormundes (§ 1,
Art. 78 ABEGB.). Von der Zuständigkeit der Generalvormundschaft
handelt § 4 das.
b) Erbrecht in den Nachlaß der Pfleglinge (aufrecht erhalten durch
Art. 139 EBGB.). Dies steht den Anstalten zu hinsichtlich der in eine
öffentliche Anstalt zur unentgeltlichen Verpflegung Auf-
genommenen und in dieser Verpflegung Verstorbenen (§ 50 f.; den
ehelichen Nachkommen und der Ehefrau verbleibt aber ihr Pflichtteil, falls
sie nicht, trotz hinreichenden Vermögens, die Eltern oder den Ehemann
ohne Unterstützung gelassen haben (§§ 52—54). Hat der Aufgenommene
vor dem Tode die Anstalt wieder verlassen, so kann diese die auf ihn
verwendeten Kosten nur wie eine Schuld zurückfordern; wenn aber Kinder,
die in einem Waisenhaus erzogen sind und denen dann Gelegenheit zu
ihrem Fortkommen gegeben worden, vor erreichter Volljährigkeit verstorben
sind, so verbleibt dem Waisenhause das Erbrecht auf das dem Kinde
vor seinem Austritte schon gehörige Vermögen (§§ 55—58). Jedem
Aufzunehmenden oder seinem gesetzlichen Vertreter muß das Erbrecht zu
Protokoll bekannt gemacht werden, sonst kann die Anstalt lediglich
Vergütigung der Kosten als eine Schuld aus dem Nachlasse fordern.
(§§ 60—66). Die letztere Einschränkung gilt auch für den Fall, wenn
jemand nicht in die Anstalt selbst aufgenommen war, sondern ihm nur
Beiträge daraus zu seinem Unterhalte bis zum Tode gereicht worden sind
(6 67)1). Es gründet sich diese Ersatzpflicht darauf, daß alles, was die
öffentliche Armenpflege gibt, nur als Vorschuß betrachtet und
zurückgefordert werden kann. Daß dies auch gegen den Unterstützten selbst,
wenn er in eine bessere Vermögenslage kommt, gilt, nahm Or. 9. 12. 58,
Str A. 11, 102 an. — Die spätere Rechtsprechung ließ die Rückforderung
aus dem Gesichtspunkte der nützlichen Verwendung zu (RG. bei Gruchot
24, 513). Seit dem Inkrafttreten des BGB. ist die Frage noch um-
strittener. Das Institut der nützlichen Verwendung ist beseitigt. Jedoch
würde der Rechtsbehelf der „ungerechtfertigten Bereicherung“ anwendbar
sein (ogl. hierzu Simonsohn, Zeitschr. f. Armenwesen VI, 151; Jebens.
Pr VBl. 27, 390; Eger UWGes. 176). Hat sich jemand in eine Anstalt
eingekauft (nicht bloß das übliche, keine Gegenleistung für die Leistungen der
Anstalt bildende Eintrittsgeld erlegt), so fällt das Erbrecht fort (§§ 69—71).
Werk= und Arbeitshäuser, in denen die Aufgenommenen nur insofern
Unterhalt genießen, als sie sich ihn durch ihre Arbeit verdienen, haben
kein Erbrecht (§ 72); auch Krankenanstalten können nur Ersatz der Kosten
fordern (§ 74). — Wo das Erbrecht besteht, kann es durch letztwillige
Verfügungen nicht geschmälert werden (§ 75); einseitige letztwillige Ver-
fügungen gelten als aufgehoben, sobald der Testator in die Armen-
anstalt eintritt (Str A. 40, 346). — Wenn in einer letztwilligen Zu-
1) Die Berliner Armenverwaltung hat nach dem Restript 2. 7. 1801 ein Erbrecht auf den Nach-
laß der nicht in einer Anstalt verpflegten, bis zu ihrem Tode unterstützten Almosenempfänger, denen
aber ebenfalls dies Recht zu Protokoll bekannt gemacht sein muß.