456 Armenwesen (Freizügigkeit).
mäßigen Anwendung des § 3 hat sich der Bundesrat dahin geeinigt, daß
den gedachten Personen in jedem anderen Bundesstaate der Aufenthalt
versagt werden kann, als in demjenigen, in welchem sie die Staats-
angehörigkeit oder einen Unterstützungswohnsitz (Heimatsrecht) erworben
haben, und hat nachfolgende Grundsätze aufgestellt:
Zur Verweigerung des Aufenthaltes genügt eine einmalige Bestrafung
innerhalb der zwölfmonatigen Frist, sofern vor ihrem Beginn bereits eine
Bestrafung stattgefunden hat. Die Ausweisung darf nicht für länger als
die Dauer der Aufenthaltsbeschränkungen oder die Dauer der von der
Verbüßung der letzten Strafe wegen Bettelns oder Landstreicherei zu be-
rechnenden zwölf Monate verfügt werden. Aus Bundesstaaten, in denen
auf Grund landesrechtlicher Bestimmungen bereits nach einmaliger Be-
strafung wegen Bettelns oder Landstreicherei eine Aufenthaltsbeschränkung
polizeilich verfügt werden kann, soll wegen einer derartigen Aufenthalts-
beschränkung eine Ausweisung nicht erfolgen.
Dagegen ist eine Verständigung insofern nicht zustande gekommen,
als einige Bundesstaaten das Erfordernis der in einem andern als
dem Aufenthaltsstaate verfügten Strafe oder Aufenthaltsbeschränkung be-
streiten und sich auch ohne diese Voraussetzung zur Ausweisung nach
§ 3 Abs. 2 für befugt halten. In entsprechender Anwendung dieser Auf-
fassung sollen Angehörige Bayerns, Württembergs und Badens beim
sonstigen Vorhandensein der Erfordernisse des § 3 Abs. 2 FreizG. aus
Preußen auch dann ausgewiesen werden können, wenn sie in Preußen
Aufenthaltsbeschränkungen unterworfen oder wegen wiederholten Bettelns
oder Landstreichens bestraft worden sind (ME. 28. 7. 94, MBl. 147
und 24. 1. 95, MBl. 18). Bezüglich Hamburgs und Lübecks s. ME.
7. 2. 95 und 2. 6. und 25. 12. 95 MBl. 28; 166 und 261.
Mit Rücksicht auf § 8 Nr. 1 des G., betr. die Stellung unter
Polizeiaufsicht 12. 2. 50, §§ 26—28 des (früheren) Preuß. StrG.
14. 4. 51 und § 38f. des Rötr#B. ist es streitig, ob der § 2 Nr. 2
des Preuß. G. 31. 12. 42 über die Aufnahme neu anziehender Personen
noch gilt, der der Landespolizeibehörde gestattet, entlassene Sträflinge,
„welche zu Zuchthaus oder wegen eines Verbrechens, wodurch der Täter
sich als einen für die öffentliche Sicherheit oder Moralität gefährlichen
Menschen darstellt, zu irgend einer anderen Strafe verurteilt worden
oder in eine Korrektionsanstalt eingesperrt gewesen sind“, von dem Auf-
enthalte an gewissen Orten auszuschließen. Nach der durch das O.
(9, 415; 10, 336) gebilligten Praxis gilt diese Bestimmung noch,
ist indessen nicht auf einen nur vorübergehenden Aufenthalt zu beziehen
(hierzu MV. 4. 2. und 21. 3. 07, MBl. 106, 148). Daß dem infolge
gerichtlichen Urteils unter Polizeiaussicht Gestellten der Aufenthalt an
einzelnen Orten polizeilich untersagt werden kann, bestimmt § 39 Nr. 1
Str G.
Die Gemeinde darf einen neu Anziehenden nur dann abweisen,
„wenn sie nachweisen kann, daß er nicht hinreichende Kräfte besitzt, um
sich und seinen nicht arbeitsfähigen Angehörigen den notwendigen Lebens-
unterhalt zu verschaffen, und wenn er solchen weder aus eigenem Ver-
mögen bestreiten kann, noch von einem dazu verpflichteten Verwandten