Armenwesen (Unterstützungswohnsitzgesetz. 461
armenrechtlicher Interessen handelt, oder welche Interessen überwiegen
(BA. 34, 90; 37, 75. 49). Derartige Fälle kommen besonders auf dem
Gebiete der Krankenfürsorge (Zwangsheilung!), der Fürsorge für ver-
wahrloste Kinder, hilflos Aufgefundene, Geisteskranke usw. in Frage. Ge-
eigneten Falles (besonders auch, wenn der Hilfsbedürftige bares Geld und
sonstige Gaben schlecht anwendet) kann die Unterstützung, solange sie in
Anspruch genommen wird, mittels Unterbringung in einem Armen-
oder Krankenhause, sowie mittelst Anweisung der den Kräften des Hilfs-
bedürftigen entsprechenden (und zur Beschaffung des Lebensunterhaltes
geeigneten) Arbeiten außerhalb oder innerhalb eines solchen Hauses ge-
währt werden (§ 1).
D. Träger und Organe der öffentlichen Armenpflege
sind die Land- und Ortsarmenverbände (OAV. LAV.) (§ 2).
1. Ortsarmenverbände (OAs.) (§ 3).
a) Gemeinden. In der Regel bildet jede Gemeinde für sich einen
OAV. Die Gemeindebehörden verwalten auch die Armenangelegenheiten
nach den allgemein für die Gemeindeangelegenheiten geltenden Regeln
(& 2). Auf Grund eines Gemeindebeschlusses können für die öffentliche
Armenpflege besondere dem Gemeindevorstande untergeordnete Deputationen
aus Mitgliedern des Gemeindevorstandes und der Gemeindevertretung,
geeigneten Falles unter Zuziehung anderer Ortseinwohner (also nicht bloß
stimmberechtigter Bürger, wie nach § 59 StO. f. AusfBest. 10. 4. 71,
Ml. 132) gebildet werden. Den Vorsitz führt der Bürgermeister (der
Gemeindevorsteher) oder ein von ihm abgeordnetes Mitglied des Gemeinde-
vorstandes. Im übrigen gelten die näheren Bestimmungen der Gemeinde-
verfassungsgesetze auch für diese Verwaltungsdeputationen (§ 3). Die
Gemeinden als solche sind Träger der Armenlasten, die letzteren also ge-
wöhnliche Kommunallasten und die zur Armenpflege bestellten Beamten
als Gemeindebeamte mittelbare Staatsbeamte (RGer. 5, 358). Für die
Verpflichtung zur Annahme einer unbesoldeten Stelle in der Gemeinde-
armenverwaltung gelten im wesentlichen dieselben Regeln wie für die Ver-
pflichtung zur Übernahme sonstiger ähnlicher Stellen in der Gemeinde-
verwaltung (§ 4 f.); vgl. insbesondere § 74 St O. oben S. 298 f. u. ZG.
§§ 10, 11, 21, 27, 28, 37). Über die etwaige Zuschußpflicht einer Be-
triebsgemeinde an die Gemeinde, in welcher die im Betriebe Beschäftigten
wohnen, nach § 53 Kc., s. oben S. 320 f.
b) Gutsbezirke. Diese werden den Gemeinden gleich geachtet. Die
Gutsbesitzer haben in den Gutsbezirken die Kosten der öffentlichen Armen-
hilfe gleich den Gemeinden zu tragen. Vgl. LGO. § 122 oben S. 335.
Steht der Gutsbezirk nicht ausschließlich im Eigentum des Gutsbesitzers,
so ist auf dessen Antrag ein Statut zu erlassen, welches die Aufbringung
der Kosten anderweit regelt, aber dann auch den heranzuziehenden Grund-
besitzern oder Einwohnern eine entsprechende Beteiligung bei der Ver-
waltung der Armenhilfe einräumt. Die Beitragspflicht muß nach den ge-
setzlichen Bestimmungen über die Verteilung der Gemeindelasten in den
Landgemeinden geregelt werden. Das Statut wird, wenn die Beteiligten
darüber sich nicht einigen können, nach ihrer Anhörung durch den
KrAussch. festgestellt und unterliegt der Bestätigung des Bz Aussch. Dieser