Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

Kirchenrecht (Privat-Kirchenrecht; Kirchenvermögen). 531 
Rechte anderer schon bestehender Kirchengemeinden durch Errichtung neuer 
Kirchen nicht beeinträchtigt werden (§§ 176—178, sf. auch unten zu V). 
Bei den Neu= und Unterhaltungsbauten kommt die sehr wichtige 
Kirchenbaulast (fabrica eecclesiae) in Frage. Die Kosten werden in 
folgender Ordnung getragen: 
Zunächst nach Maßgabe von Verträgen, rechtskräftigen Erkenntnissen, 
ununterbrochenen Gewohnheiten oder besonderen Provinzialgesetzen 7) (6710); 
wenn es daran fehlt, trägt das Kirchenvermögen die Kosten, soweit 
dies ohne Nachteil der zu bestreitenden jährlichen Ausgaben geschehen kann 
(§ 712f.), woneben aber bei Landkirchen die Eingepfarrten immer die 
erforderlichen Hand= und Spanndienste leisten müssen (§ 714); bei Stadt- 
kirchen werden diese zu den übrigen Kosten geschlagen (§ 719); 
ist das Kirchenvermögen nicht hinreichend, so muß der Ausfall vom 
Patron und den Eingepfarrten gemeinschaftlich getragen werden; wer eine 
doppelte Parochie hat, ist in beiden dazu verbunden; die Last ruht auch 
auf den Grundstücken als solchen; der Beitrag fällt bei Landkirchen dem 
Patron zu 2/8, den Eingepfarrten zu ½ zur Last, bei Stadtkirchen (wo 
die Hand= und Spanndienste zu barem Gelde zu veranschlagen sind) 
dem Patron zu 7½, den Eingepfarrten zu ½ (§§ 720—740). Die Ver- 
teilung der Kosten unter die Eingepfarrten geschieht nach der Besteuerung 
(6# 734, 741). — 
Für die Gebäude der Pfarrer und sonstigen Kirchenbeamten gelten 
im wesentlichen dieselben Vorschriften 2) (§§ 790, 772 ff.). Hat der Küster 
Wohnung im Schulhause, so trägt der Schulverband die durch das Schul- 
bedürfnis bedingten Kosten (G. 21. 7. 46 laufrecht erhalten gem. § 30 
Abs. 3 Schünterh G.], vgl. auch BG. § 49 und oben S. 499). Im 
1) Nach Märkischem Provinzialrecht trägt überall das Kirchenvermögen die Kosten, soweit es 
nicht durch die laufenden gewöhnlichen Ausgaben in Anspruch genommen wird. Doch müssen bei Land- 
kirchen die Hand= und Spanndienste immer von der Ortsgemeinde unentgeltlich aufgebracht werden; 
bei Stadtkirchen werden diese Kosten zu den übrigen geschlagen (Konsist O. 1573, V. 11. 12. 1710, 11. 6. 
1711 u. 20. 2. 1712, Hymmen 7, 345). Ist das Kirchenvermögen leistungsunfähig, so entscheidet zu- 
nächst eine etwaige Ortsgewohnheit. Eventuell hat der Patron — wenn er nicht schon als Ein- 
gepfarrter beisteuert — die sog. groben Baumaterialien (Holz, Steine, Kalk) herzugeben; alles übrige 
wird auf die Gemeinde repartiert (ebendas. und V. 11. 5. 1713, vgl Or. 21, 313) — Das Ober- 
tribunal (52, 275, vgl. auch 66, 163) hatte aus der Konsist O. 1578 gefolgert, daß bei Stadtkirchen die 
Baulast, soweit sie nicht vom Patron zu tragen, der politischen Gemeinde als solcher obliege; ein 
schon an sich in hohem Grade anfechtbarer Satz, dem sich in den meisten Städten auch die schon bis 
zu dem Spruche des Obertribunals herrschend gewesene Gewohnheit wird entgegenstellen lassen. Das 
RGer. hat ausgesprochen (31, 204), daß die Grundsätze des Märkischen Rechts Üüber die Kirchen- 
baulast durch die neue Kirchengesetzgebung nicht geändert worden seien (wiederholt 4. 3. 07, Das 
Recht 11, Sp. 467). In der Entsch. 13. 3. 08 hat das Kammergericht den von der Kirchengemeinde 
auf Grund der Konsist O. gegen die politische Gemeinde erhobenen Kirchenbauanspruch abgewiesen, da 
Kap. 13 der Konsist O. nur eine invitatio der Schutzherren und Eingepfarrten, aber nicht eine recht- 
liche Verpflichtung enthalte, auch observanzmäßig die subsidiäre Pflicht der Stadt sich nur auf die 
Reparaturen und den Neubau vorhandener (vgl. nächste Anm.), nicht aber auf die Begründung neuer 
Kirchen erstrecke. Das Rer. hat das Urteil am 13. 6. 04 bestätigt. (In Sachen St. Markus und 
St. Simon gegen Stadtgemeinde Berlin.) 
Den Anspruch der Kirchengemeinde, daß die politische Gemeinde behufs Ausführung von Kirchen- 
und Pfarrhausbauten auch die Bauplätze herzugeben habe, hat das Rer. zurüacrgewiesen (RGer. 
Pr VBl. 18, 309). 
2) Nach Märkischem Recht werden die größeren Reparaturen und die Bauten der Pfarrgebäude 
nebst Zubehör bei Landkirchen niemals von dem Kirchenvermögen, auch wenn es zureicht, sondern von 
den Patronen und Eingepfarrten, nach der Art wie bei den Kirchenbauten geleistet. Wegen Stadt- 
kirchen vgl. auch Rer. 4. 3. 07 a. O.-: zunächst Pflicht des Kirchenvermögens; bei Insuffizienz 
Ehrenpflicht, nicht Rechtspflicht des Patrons. 
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