Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

538 Kirchenrecht (Patronat; Parochien). 
und Gesamtverbänden regelt ähnlich den Bestimmungen für die evangelische 
Kirche das G. 14. 7. 05 (GS. 281). Die Steuerbeschlüsse bedürfen der 
Genehmigung der bischöflichen und staatlichen Aufsichtsbehörde (§ 1). Ausf. 
Anw. 24. 3. 06, MBl. 121; V0O. über die Ausübung der Rechte des 
Staates 23. 3. 06, GS. 56. Die Genehmigung der Steuerbeschlüsse 
obliegt den Regierungspräsidenten bzw. dem Polizeipräsidenten in Berlin; 
bei mehr als 10% Zuschlag zur Einkommensteuer den Oberpräsidenten. 
Weiter regeln die Erhebung kirchlicher Abgaben: G. betr. Bildung 
kirchlicher Hilfssonds für neu zu errichtende Pfarrgemeinden 29. 5. 03, 
(GS. 182), dazu G. 26. 5. 09, GS. 343, Art. 16, sowie G. betr. 
Erhebung von Abgaben für kirchliche Bedürfnisse der Diözesen usw. 21. 
3. 06 GS. 105, dazu ebenfalls Art. 16 G. 26. 5. 09; s. oben S. 527. 
Wegen der Verwaltung der Diözesanfonds, der Umlagebeschlüsse usw. 
s. Art. 2—4 G. 29. 5. 03. 
IV. Patronat. Die durch Art. 17 Verf. zugesagte gesetzliche 
Regelung ist noch nicht erfolgt. Der Patron wird im § 568 Ad R. II, 
11 dahin definiert: „derjenige, welchem die unmittelbare Aufsicht 
über die Kirche nebst der Sorge für deren Unterhaltung und Ver- 
teidigung obliegt, wird der Kirchenpatron genannt“". Man rechnet das 
Patronat gewöhnlich nicht dem privaten, sondern dem öffentlichen Rechte zu. 
Wer eine Kirche baut oder hinlänglich ausstattet, oder durch die Kirchen- 
gesellschaft damit betraut wird, erlangt ein Recht auf das Patronat, das aber 
erst durch den Staat verliehen werden muß (§§ 569—573). Außerdem 
kann es durch Ersitzung erworben werden (§§ 574—576). — Die 
Pflichten des Patrones konzentrieren sich insbesondere in der oben er- 
wähnten Kirchenbaulast. Die Rechte bestehen in dem ebenfalls erwähnten 
Pfarrwahlrecht und Aufsichtsrecht über die kirchliche Vermögensverwaltung, 
der Bestellung der Küster und anderer dergleichen niederer Kirchenbeamten 
(5 556), ferner in gewissen kirchlichen Ehrenrechten (§§ 588—594) und 
in der s. g. Kompetenz, wonach der schuldlos verarmte Patron aus dem 
Kirchenvermögen notdürftigen Unterhalt fordern kann (§§ 595—597). — 
Entsagen kann man dem Patronate, das ja überwiegend Pflichten enthält, 
nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Gemeinde und Genehmigung der 
geistlichen Oberen (§ 610). Laut V. 30. 8. 1816 (GS. 207) ruht das 
Patronat für Güter, die sich im Besitz von Juden befinden. 
Die neuen Kirchengesetze haben an den Rechten des zu den Patronats- 
lasten beitragenden Patrones im wesentlichen das geändert, daß er nicht 
mehr, wie früher nach § 552 ff., die — jetzt durch den Gemeinde-Kirchen- 
rat ersetzten — Kirchenvorsteher bestellt. (Bezüglich der kathol. Kirche s. 
RGer. 29, 147). — 
V. Parochien (Kirchspiele) heißen diejenigen Distrikte, in welchen 
Glaubensverwandte einer vom Staate öffentlich ausgenommenen (s. oben 
unter II) Religionspartei (z. Begr. OVG. 52, 244, 251) zu einer gemein- 
schaftlichen Kirche angewiesen sind (§ 237 ALR. II, 11). Die so Ein- 
gepfarrten bilden in ihrer Gesamtheit eine Korporation, die Kirchen- 
gemeinde. Sie sind also durch den ge meinschaftlichen Wohnsitz vereinigt, 
nicht durch die gemeinschaftliche Uberzeu gung (auch Ausländer O G. a. O., 
261). Das läßt sich erklären in einer Kirche, die eine Regel für alles,
	        
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