Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

BGB. Besih. 65 
geschäft (z. B. als Dienstbote, Handlungsgehilfe) oder in einem ähnlichen 
Abhängigkeitsverhältnisse ausübt, vermöge dessen er den sich auf die Sache 
beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat (§ 855). Der 
Besitzdiener hat an der Sache nur Gewahrsam. 
B. Erwerb des Besitzes. Der Besitz einer Sache wird durch die 
Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben (§5 854 
Abs. 1). Wann die tatsächliche Gewalt erlangt ist, ist neach den An- 
schauungen des Verkehrs zu beurteilen. Erforderlich wird meist sein, daß 
die Sache in eine solche räumliche Beziehung zur Person gelangt, daß 
deren Herrschaft über die Sache möglich und nach der Verkehrsanschauung 
gewährleistet erscheint (z. B. erlangt jemand Besitz, wenn ihm eine Sache 
in seine Wohnung gebracht wird). Ein auf den Besitzerwerb gerichteter 
Wille ist nicht erforderlich. Es können demnach auch Geisteskranke und 
Kinder Besitz erwerben. War die Sache bereits in der Gewalt einer 
Person, so genügt zum Erwerbe des. Besitzes die Einigung zwischen den 
bisherigen Besitzer und dem Erwerber, sofern dieser in der Lage ist, die 
tatsächliche Gewalt auszuüben (§ 854 Abs. 2). Mittelbarer Besitz kann 
dadurch übertragen werden, daß der bisherige Besitzer dem Erwerber den 
Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt (§ 870). Auch durch An- 
weisung kann hiernach die Ubergabe erfolgen, wenn der unmittelbare Besitzer 
von dem mittelbaren Besitzer angewiesen wird, den Besitz für den Erwerber 
fortzusetzen; der Besitzerwerb ist vollendet, sobald der unmittelbare Besitzer 
die Anweisung angenommen hat. Überweisung zur Einziehung auf Grund 
gerichtlicher Pfändung genügt aber nicht. Der Erwerb des Besitzes kann 
auch durch Stellvertreter erfolgen. Der Umfang des Besitzerwerbes be- 
stimmt sich bei der Übertragung des Besitzes nach der Einigung der 
Beteiligten; bei Übertragung eines Grundstücks ist im Zweifel anzu- 
nehmen, daß die Einigung und damit auch die Besitzüber tragung sich 
auch auf das Zubehör erstreckt. Bei einseitiger Besitzergreifung ist ent- 
scheidend, wie weit die tatsächliche Gewalt des Erwerbers reicht. Auf den 
Erben geht der Besitz so über, wie er sich beim Erblasser befand (§ 857). 
C. Verlust des Besitzes. Der Besitz wird dadurch beendigt, daß der 
Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer 
Weise verliert. Vorübergehende Verhinderungen in der Ausübung der 
Gewalt beendigen den Besitz nicht (§ 856). Der mittelbare Besitz geht 
für den mittelbaren Besitzer dann verloren, wenn sowohl ihm, wie auch 
dem Fremdbesitzer die Möglichkeit verschlossen ist, die tatsächliche Gewalt 
über die Sache ferner auszuüben. 
D. Schutz des Besitzes. 
Wird der Besitzer ohne oder gegen seinen Willen widerrechtlich im 
Besitze gestört oder wird ihm der Besitz entzogen (verbotene Eigenmacht 
§ 858), so kann er sich ihrer mit Gewalt erwehren. Wird ihm eine 
bewegliche Sache weggenommen, so darf er den Täter auf frischer 
Tat verfolgen und ihm die Sache wieder abnehmen. Wird der Besitz 
eines Grundstücks entzogen, so darf der Besitzer den Täter sofort 
nach der Besitzentziehung wieder aus dem Grundstücke vertreiben (§ 859). 
Diese Rechte stehen auch dem Besitzdiener zu (§ 860). Außerdem genießt 
der Besitzer gerichtlichen Schutz. Er kann von demjenigen, der ihm den 
Zelle, Handbuch. 6. Aufl. 5 
  
  
  
 
	        
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