100 Die Organisation der Reichs-Staatsgewalt.
wurde; die Bildung erfolgt auf kommunalrechtlicher Grundlage,
indem die Bezirkstage von Oberelsaß 10, Cothringen 11, Unter-
elsaß 13 Mitglieder wählen, dazu Straßburg, Mülhausen, Wetz,
Colmar je ein Mitglied, endlich die Landkreise noch 20 Mit-
glieder, immer aus der Witte der wablberechtigten Körperschaft.
Die Einberufung und Schließung erfolgt frei durch den
Statthalter; Dertagung und Auflösung sind dem Naiser vorbe-
halten; die Auflösung ergreift ipso jure auchk die Bezirkstage;
binnen sechs Wonaten Bat Neuwahl zum Landesausschuß zu
erfolgen.
7. Die Rechnungskontrolle über die elsaß-lothringischen
Finanzen erfolgt durch den Zeichsrechnungshbof.
8. Danach ist das Reichsland auch heute noch nicht Einzel-
staat, sondern Drovinz des Reiches, allerdings mit weitreichender
und verwaltungsrechtlich den Einzelstaaten vollkommen gleich-
stehender Selbständigkeit. An den Matrikularbeiträgen ist es
ebenso wie die Einzelstaaten beteiligt; ebenso an den militärischen
Leistungen; ebenso am Reichstag. Die Staatsgewalt in Elsaß-
Lothringen ist Reichsgewalt; der reichsländische Fiskus ist ein
besonders geartetes und durch eine besondere Landeskasse ver-
tretenes Stück des Reichsfiskus; die Beamten sind Reichsbeamte;
die Gesetzgebung ein besonderes Stück der Reichsgesetzgebung.
Die einzelstaatlichen Doraussetzungen aber, die im übrigen
die Grundlage des Reiches bilden, liegen bei Elsaß Lothringen
dermalen noch nicht vor.
8 25. Die Kolonien.
Endlich hat das Reich noch eine fernere Erweiterung er-
fahren durch den Erwerb von Kolonien seit 1884.
1. Als „Kolonie“ bezeichnet man heute jeden auswärtigen,
in der Regel überseeisch gelegenen Territorialbesitz eines mo-
dernen Kulturstaates, als „Wutterland“ diesen Staat selbst in
seiner Eigenschaft als Ausgangspunkt der Kolonisation. Das
Derhältnis zwischen Mutterland und Kolonie ist verschieden, je
nachdem die Kolonie dem Keimatstaate rechtlich gleich-- oder
untergeordnet ist; im ersteren Falle bilden die Kolonien einen
Bestandteil des Staatsganzen, im letzteren Falle find sie nur
Nebenländer, „Subehör“ des Mutterstaates. Seit alters kennt
die Geschichte den Begriff der Kolonisation, doch gehört das