Das deutsche Volk (die Staatsangehörigkeit). 116
8 27. Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit.
I. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit
erfolgt entweder unmittelbar als Rechtsfolge einer natürlichen
Tatsache oder mittelbar durch einen Derleihungsakt.
Die einzelnen Erwerbsgründe sind folgende:
1. Geburt, d. i. Abstammung von deutschen Sltern, gleich-
gültig, ob die Geburt im Inland oder im Ausland erfolgt; un-
eheliche Kinder haben die Staatsangehörigkeit der Mutter.
2. Legitimation, d. i. der ZRechtsakt der Anerkennung
eines unebelichen Kindes durch den Dater, sei es durch nach-
folgende She, sei es durch besondere Shelichkeitserklärung nach
den Vorschriften des deutschen bürgerlichen Rechtes; Annahme
an indesstatt ist für die Staatsangehörigkeit ohne Wirkung.
5. Derheiratung einer nichtdeutschen Frau mit einem
deutschen Manne; durch Erklärung der Sbhenichtigkeit geht diese
Staatsangehörigkeit wieder verloren, nicht aber durch Ehe-
scheidung.
4. Eintritt in den Staatsdienst des Reiches oder eines
Einzelstaates oder einer kommunalen Körperschaft sowie in den
Dienst einer der sog. Landeskirchen; Militärdienst ist Staatsdienst;
die Ernennungs= oder Bestallungsurkunde verleiht ipso jure
in diesen Fällen die Staatsangehörigkeit, vorausgesetzt, daß der
Beamte im Inland seinen Wohnsitz hat. Ist dies nicht der
Fall, so bewirkt die Ernennung selbst den Erwerb der Staats-
angehörigkeit nicht z. Z. bei Wahlkonsuln im Auslande; doch
darf solchen im Ausland wohnhaften Beamten, falls sie Gehalt
aus der Reichskasse bezieben, gemäß Sonderges. v. 20. Dez. 1875
die Maturalisation von dem Einzelstaate, bei dem sie beantragt
wird, nicht versagt werden.
5. Maturalisation, d. i. der Rechtsakt der staatlichen
Derleihung der Staatsangehörigkeit an Ausländer. Die Natu-
ralisation erfolgt durch die „höhere Verwaltungsbehörde“ — in
Dreußen der Regierungspräsident — des Einzelstaates, be-
dauerlicherweise ohne Kontrolle einer höchsten Reichsinstanz, die
über die Einhbeit der Derwaltungsgrundsätze in dieser hoch-
wichtigen Frage zu wachen Bätte. Doraussetzungen zwingenden
Rechtes sind nach dem Gesetz bei der Erteilung: a) Rechtsfähig.=
keit des zu RNaturalisierenden nach seinem bisherigen Recht,
b) unbescholtener Lebenswandel, c)h Wohnung am Ort der