Full text: Die Deutsche Reichsverfassung.

Die Vorgeschichte des Reiches. 11 
Es kann hier nicht die Aufgabe sein, im einelnen auch 
nur mit einiger Genauigkeit und Vollständigkeit die Momente 
brandenburgisch-preußischer Geschichte zu verzeichnen, die die 
Stufen deutscher WMacht und Größe geworden sind. 
Der Kampf mit den mittelalterlichen Ständen, speziell den 
„Junkers“ und den Städten, und die durch deren Dernichtung 
erfolgte Berstellung der Beutigen monarchischen Gewalt; die 
Einrichtung eines streng geordneten Staatshaushaltes mit pein- 
lich genauer jährlicher Rechnungskontrolle durch eine völlig un- 
abhängige Behörde; die Schöpfung einer dem Wohl des Dolkes 
wie dem Interesse des Staates in gleicher Weise dienenden Ver- 
waltung unter dem Mönig als dem ersten „Diener“ des Staates; 
die erste grundsätzliche Derwirklichung des Gedankens der 
Religionsfreiheit in Deutschland durch die schon Anfang des 
17. Jahrhunderts erfolgte Gleichstellung der Katholiken mit den 
Evangelischen in den Ländern der Jülichschen Erbschaft und in 
Ostpreußen; die Durchführung, wenn auch zunächst noch mit 
Einschränkungen, des großen Gedankens der allgemeinen Wehr- 
pflicht durch das Kanton Reglement von 1733; vor allem auch 
die Einführung der allgemeinen Schulpflicht durch Friedrich 
Wilhelm 1. 
Das sind nur einige besonders wichtige Einzelpunkte, in 
denen die brandenburgisch preußische Staatsentwickelung maß- 
und richtunggebend wurde für ganz Deutschland. Dor allem 
war es die noch lange nicht genug gewürdigte staatsmännische 
Arbeit des großen Königs Friedrich Wilhelm I., die hier in 
Betracht kommt. Auf Schritt und Tritt begegnen wir heute 
noch in den staatsrechtlichen Einrichtungen Hreußens und des 
Deutschen Reiches den Traditionen Friedrich Wilhelms I. 
So innerlich stark geworden, konnte dann der preußische 
Adler unter Friedrich dem Großen zum ersten Male selbständig 
den sieghaften Kuug wagen in die Regionen der europäischen 
Händel und der großen Weltgeschichte. Immer stärker wurde 
der Strom der preußisch-deutschen Geschichte, immer elender und 
armseliger der des alten Reiches. 
Ein Jahr vor des großen Friedrich Tode wurden zum 
ersten Male — die Urkunde trägt das durch sie für Deutschland 
ewig denkwürdig gewordene Datum des I17. März 1785 — 
die Grundlinien unserer heutigen Reichsverfassung formuliert: 
in dem Staatsvertrag, den Friedrich der Große mit einer Zeihe
	        
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