Die Vorgeschichte des Reiches. 15
Aber den geistig so hochbedeutenden Staatsmännern, die in
der angestrengtesten Arbeit eines Jahrzebntes dies Werk voll-
endet hatten, waren in der Arbeit und durch sie die Gedanken
mächtig gewachsen. Wenn ein Gesetz wirtschaftlicher Einbeit
möglich war für Ostpreußen und die Rheinlande, warum dann
nicht für alle deutschen Landed Und wenn Hessen sich wohl
fühllte in der wirtschaftlichen Einkeit mit Oreußen, warum nicht
die übrigen deutschen Staatend — zumal ja Hessen als Staats-
individualität viel mel#r den süddeutschen als den norddeutschen
Charakter trägt.
So kamen von selbst den preußischen Staatsmännern die
großen deutschen Gedanken in dieser Frage. Und ein mächtiger
Derbündeter erstand ihnen in HKönig #Ludwig I. von Bapdern.
Am l. Januar 1834 war durch Hreußens weitausse#ende Holitik
der größte Teil Deutschlands von den baprischen Alpen bis zur
Ostsee, von der Mosel bis zur Memel zur wirtschaftlichen Ein-
heit zusammengeschlossen; Sachsen hatte — widerwillig und nach
dem vergeblichen Dersuch der großen Intrigue eines mittel-
deutschen Sollvereins gegen Hreußen — beitreten müssen;
Bannover hielt sich durchaus fern; Osterreich mußte ausge-
schlossen bleiben.
Der Sollverein ist der einzige hobe# und helle Glanz in
der trüben Seit, da Deutschland und besonders auch Hreußen
im übrigen der gefesselte Sklave Metternichs und seiner traurigen
politik war. In der Form des Sollvereins galt Artikel 33 der
Reichsverfassung seit dem 1. Januar 1834 für den größten Teil
Deutschlands. Die wirtschaftlichen wie finanziellen Erfolge des
Sollvereins waren großartig; zum ersten Male konnte sich in
großem Rabhmen das Erwerbsleben des deutschen Dolkes ent-
falten. Seitdem gab es nach Treitschkes treffendem Wort ein
Deutschland des Scheines, das in Frankfurt und ein Deutschland
der Arbeit, das in Berlin seinen Sitz hatte.
Das Gesamtproblem der deutschen Einbeit wurde dann im
Jahre 1848 gewaltig und gewaltsam aufgeworfen. Im Gegen-
satz zu den Regierungen frei aus dem Herzen des Dolkes.
Revolutionär, weil die Regierungen zu kurzsichtig und zu schwach
waren zur Reform. "
Es muß hier darauf verzichtet werden, den Einzelheiten
dieser berechtigten Evolution, die zur widerrechtlichen Revolution
wurde, nachzugehen,