40 Das Reich kein Bund, sondern ein Staat.
HKörperschaften entstehzt ein Reichsgesetz), das gemäß Artikel 12
erster Satz der Kaiser ausfertigt und verkündet?); man hat hier-
für die entsprechend abgeänderte alte preußische Formel bei-
be#b#lten: „Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser,
König von Oreußen, verordnen, nach erfolgter Sustimmung von
undesrat und Zeichstag, was folgt", obwohl vom Standpunkt
des Reichsstaatsrechtes diese Formel ibre juristischen Bedenken
hat; die Verkündung erfolgt nach Art. 2 in einem von reichs-
wegen herausgegebenen Reichsgesetzblatt und durch diese Der-
kündung gewinnt das Gesetz nach der näheren Vorschrift des
zit. Art. 2 verbindliche Kraft im gesamten Gebiete des Reiches#),
ohne daß an diesem Orozesse die Einzelstaaten in anderer Weise
beteiligt wären, als eben durch ihre Abstimmung in dem hierzu
verfassungsmäßig bestehenden Reichsorgan, dem Zundesrate.
Die Reichsgesetze werden also unmittelbar von reichswegen er-
lassen, verkündet und treten ohne jede Mitwirkung der Einzel-
staaten in allgemein verbindliche Kraft. za noch mehr: nach
der ausdrücklichen Erklärung in Art. 2 der Reichsverfassung ist
diese verbindliche Kraft der Reichsgesetze so stark, daß ihnen
alles Landesrecht ipso jure zu weichen Rat und vor ihnen recht-
lich verschwindet. Nach dem Derfassungsprinzip: „Reichsrecht
bricht Landesrecht“ wird selbst die Derfassungsgesetzgebung der
Einzelstaaten durch eine gültige Zeichsverordnung „gebrochen“
(ogl. unten Note 83).
Diese klaren positiven Rechtssätze der Reichsverfassung kann
natürlich auch Sevdel nicht übersellen und nicht weginterpretieren.
Aber er hält dadurch doch seinen Grundgedanken nicht für er-
schüttert, sondern gibt nur zu, daß es eben verschiedene Kate-
1) „Die Reichsgesetzgebung wird ausgeübt durch den Zundesrat und
den Reichstag. Die Übereinstimmung der Mehrheitsbeschlüsse beider Der-
sammlungen ist zu einem Reichsgesetze erforderlich und ausreichend."“
*:) „Dem Uaiser steht die Ausfertigung und Derkündigung der Reichs-
gesetze und die Überwachung der Ausführung derselben zu."
:) „Innerhalb dieses Zundesgebietes übt das Reich das Recht der
Gesetzgebung nach Maßgabe des Inhalts dieser Derfassung und mit der
Wirkung aus, daß die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen. Die
Reichsgesetze erhalten ihre verbindliche Kraft durch ihre Derkündigung
von reichswegen, welche vermittelst eines Reichsgesetzblattes geschieht.
Sofern nicht in dem publizierten Gesetze ein anderer Anfangstermin seiner
verbindlichen Kraft bestimmt ist, beginnt die letztere mit dem vierzehnten
Tage nach dem Ablauf desjenigen Tages, an welchem das betreffende
Stück des Reichsgesetzblattes in Berlin ansgegeben worden ist.“