Das Reich kein Bund, sondern ein Staat. 40
Aus der Souveränität des Reiches ergeben sich dann eine
Reihe von Schlußfolgerungen, die an einzelnen Stellen der
Reichsverfassung besonderen Ausdruck gefunden haben: daß das
Reichsrecht dem Landesrecht vorgeht (Rb. Art. 2)1); daß das
Reich die Aufsicht hat über die Einzelstaaten in allen Dingen
der Reichskompetenz (Rb. Art. 4 Eing.)#), ein Rechtsgrundsagz,
der in Art. 77 noch besonders feierlichen Ausdruck gefunden hat
für die Rechtspflege ); daß das RZReich schwere NKonflikte des
innerstaatlichen Lebens in den Einzelstaaten zu ordnen berufen
ist, wenn die innerstaatlichen Mittel hierfür versagen (RU. Art. 76
Abs. 2)"1); daß das Reich zur Schlichtung zwischenstaatlicher
Konflikte deutscher Einzelstaaten berufen ist, falls hierfür kein
anderer Weg besteht (RD. Art. 76 Abs. 1)5), da natürlich die
Entscheidung mit den Waffen, die ultima ratio des Dölker-
rechtes, für Staaten, die durch ein gemeinsames Staatsrecht zu-
sammengefaßt sind, ausgeschlossen ist; endlich daß die Einzel-
staaten dem Reiche gehorsamspflichtig sind — auch im Falle der
Kompetenz-Kompetenz — und daß dieser Gehorsam äußersten
Falles vom Reiche erzwungen werden kann in den Formen der
Exekution (RV. Art. 19)9).
*8 Siietht Hiete 5 des Reich d der G 5
„Der Beaufsichtigung seitens des Reichs und der Gesetzgebn
desselben unterliegen die nachstehenden Angelegenheiten.“ S. 88 auch
oben Seite 42 Note 1.
2) „Wenn in einem Bundesstaate der Fall einer Instizverweigerung
eintritt, und auf gesetzlichen Wegen ausreichende Hilfe nicht erlangt
werden kann, so liegt dem Bundesrate ob, erwiesene, nach der Der-
esn und den bestehenden Gesetzen des betreffenden Zundesstaates zu
rteilende Beschwerden über verweigerte oder gehemmte Rechtspflege
anzunehmen, und darauf die gerichtliche Bilfe bei der Zundesregierung,
die zu der Zeschwerde Anlaß gegeben hat, zu bewirken.“
4) „Derfassungsstreitigkeiten in solchen Zundesstaaten, in deren Ver-
fassung nicht eine Behörde zur Entschsdung solcher Streitigkeiten bestimmt
ist, hat auf Anrufen eines Teiles der Zundesrat gütlich —
oder, wenn das nicht gelingt, im Wege der Reichsgesetzgebung zur Er-
ledigung H bringen.“
5) Streitigkeiten zwischen verschiedenen Zundesstaaten, sofern die-
selben nicht privatr tächer Natur und daher von den kompetenten Ge-
richtsbehörden zu entscheiden sind, werden auf Anrufen des einen Teil-
von dgn Ba#desrate erledi t.“ b s aßi Bundespfiich
„Wenn Bundesglieder ihre verfassungsmäßigen Bundespflichten
nicht en, können sie dazu im Wege der Exekution angehalten werden.
— . ꝛtion ist vom Bundesrate zu beschließen und vom Kaiser zu
vo en.
Zorn, Reichsverfassung. 4