Die Grganisation der Reichs-Staatsgewalt. 65
ziffer durch ein Gesetz festgestellt werden müsse (R. Art 60)7).
Dies Gesetz erging in früheren Jahren immer auf 7, der-
malen auf 5 Jahre; ein Gesetz ohne Seitgrenze war vom
Reichstag nicht zu erreichen. Gemäß dem jetzt geltenden Ges.
v. 15. April 1005 ist die Friedenspräsenzziffer für 1010 auf
505 830 Mann an Gemeinen, Gefreiten und Obergefreiten be-
stimmt. Die Kriegspräsenzziffer wird durch Einberufung von
Reserven und Landwehr lediglich nach freiem kaiserlichen Er-
messen festgesetzt. Die Wehrpflicht ist verfassungsgemäß eine
Untertanenpflicht der Deutschen dem Reiche gegenüber; ein Rechts-
verbältnis gegenüber dem Einzelstaat tritt dabei nur in unter-
geordneten Hunkten hervor, abgeseken nur von dem verfassungs-
mäßig gesicherten besonderen Derhältnis des Einzelstaates
Bapern?); demgemäß kann auch der freiwillige Eintritt ins
Beer bei allen Truppenteilen im Reiche stattfinden, einschließlich
der baperischen („militärische Freizügigkeit").
Sbenso wie der Kernpunkt des Militärrechtes, der persön-
liche Militärdienst, lediglich als Reichsuntertanenpflicht durch die
Derfassung festgelegt ist, ist auch das Geldbedürfnis für
Reer und Flotte ganz ausschließlich Reichssache. Die
in der Kh. Art. 62 (ogl. auch Art. 58) hierüber sich findenden
Dorschriften bezogen sich lediglich auf die Übergangszeit der
Anfänge des Deutschen Reiches; Beute sind die ESinzelstaaten
längst aus jeder Beziehung zu diesen Dingen völlig aus-
geschieden und das gesamte Geldbedürfnis für Heer und Slotte
wird nur aus der Keichskasse bestritten und alljährlich in den
regelmäßigen Formen des Budgetgesetzes nach Maßgabe von
Art. 60 der Reichsverfassung festgestellt. Über die in diesem
Dunkte für Bapern verfassungsmäßig anerkannte Besonderheit,
die aber das Orinzip der ausschließlichen Deckung der Heeres-
bedürfnisse durch das Reich nicht berührt, s. oben S. 47, 6. Er-
sparnisse beim Militäretat fallen in die Reichskasse außer bei
Bapern (R. Art. 67).
1) „Die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres wird bis
Sl. Dezember 1871 auf ein Hrozent der Zevölkerung von 1867 normiert,
und wird pro rata derselben von den einzelnen Bundesstaaten gestellt.
ür die spätere Heit wird die Friedenspräsenzstärke des
eeres im Wege der Reichsgesetzgebung festgestellt.“
1) Schlußbest. z. Absch. XI d. RD., s. oben.
Sorn, Reichsperfasfung. 5