V. Buch. Die Kolonien. 20
werden konnten. Eleichzeitig ging der Reichszuschuß für die Truppe von 38 auf 16 und
im folgenden Jahre weiter auf 14 Mill. M. herab. Die eigenen Einnahmen Ostafrikas
betrugen im Jahre 1909 fast 11, die Kameruns 51/8, Togos 2½ Millionen, Samoas
730 000, Neuguineas 850 000 M. Nur diese letztere Kolonie bedurfte noch eines Reichs-
zuschusses in etwa gleicher Höhe zur Bestreitung ihrer Zivilausgaben einschließlich der
Polizeitruppe. Seitdem Haben sich die Einnahmen der Schutzgebiete sehr gut und gleich-
mäßig weiter entwickelt, so daß dieselben für 1912/13 rund 44 und unter Hinzurechnung
der Ersparnisse aus früheren Jahren 52 Mill. M. betragen.
Auch nach Dernburgs Rücktritt nahm
die Entwickelung sowohl auf ver-
kehrlichem, wie auf wirtschaft-
lichem Gebiet einen erfreulichen Gang. Die letztere wurde vor allem dadurch
gesichert, daß der Reichstag ohne Abstrich die erheblichen Mittel bewilligte, die im
Jahre 1910/11 von seinem Nachfolger auf Grund eines umfassenden Programms für
wirtschaftliche Zwecke angefordert wurden, und hierdurch ebenso wie in den folgen-
den JZahren bewies, ein wie großer Umschwung sich endgültig in den Anschauungen
der Parteien vollzogen und wie sehr auch dort das Verständnis für die wirtschaft-
lichen Aufgaben zugenommen hatte, die wir in unseren überseeischen Besitzungen zu
erfüllen haben. Die Neuforderungen sahen vor allem die einheitliche Organisation
und Ausgestaltung des landwirtschaftlichen Dienstes und Versuchswesens in unseren
Kolonien in Anlehnung an die mustergültige Ordnung desselben in unserer heimischen
Landwirtschaft vor. Hierbei fand die für unsere Textilindustrie so wichtige Baumwoll-
frage ganz besondere Berücksichtigung, der eine umfangreiche Denkschrift gewidmet
wurde. Man kann heute bereits sagen, daß die Anlage von landwirtschaftlichen Versuchs-
und Baumwollsaatzucht-Stationen, sowie die Schaffung neuer Stellen für fachmännisch
vorgebildete landwirtschaftliche Beamte und Sachverständige schon nach so kurzer Zeit
den Schutzgebieten Rutzen gebracht hat. Die Baumwollstationen sind mittlerweile auf
9 — 4 in Ostafrika, 3 in Togo, 2 in Kamerun — vermehrt. Als Resultat dieser Bestre-
bungen weist unsere allerdings noch recht bescheidene deutschkoloniale Baumwollpro-
duktion eine jährliche, nicht unerhebliche Steigerung auf. Im JZahre 1910 betrug sie
4400 Ballen von 250 kg, im folgenden 6400, für 1912 rund 10 000 Ballen, und für 1913
wird mit Sicherheit eine weitere Zunahme erwartet. Ganz besondere Aufmerksamkeit
ist in den letzten Jahren den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schutzgebietes Neu-
guinea zugewandt worden. Den großen Entwicklungsmöglichkeiten desselben ist durch
Einsetzung erhöhter Beträge für wirtschaftliche Zwecke in den Etat nach einem sorgsam
geprüften Plane Rechnung getragen worden. Durch mehrere Expeditionen, nament-
lich die im Jahre 1911 gemeinsam von Kolonialverwaltung und Kolonialgesellschaft
zur Erforschung des gewaltigen Stromgebietes des Kaiserin-Augustaflusses und seiner
Nebenflüsse ausgerüstete, wird mehr und mehr Licht in große, bisher unberührte, im
Dunkel des Urwalds schlummernde Gebiete gebracht, die für unsere Kolonialwirtschaft
verheißungsvoll zu werden versprechen.
Organisation des landwirtschaft-
lichen Dienstes und Versuchswesens.
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