90 Bergbau und Hüttenwesen. VI. Buch.
bei dem die Gerüste der Vor- und Fertigstraßen hintereinander angeordnet sind und
das Knüppelstück automatisch durch die verschiedenen Walzen hindurchgeführt wird,
fand in den letzten Jahren an verschiedenen Stellen in Deutschland Eingang. Die steigende
Geschwindigkeit der nacheinander folgenden Walzenpaare wird durch Zahnräder bzw.
Riemenübertragung bewirkt. Die Produktion dieser Walzwerke ist sehr groß, und Lei-
stungen von 120 Tonnen in einer zehnstündigen Schicht sind bei Drahtwalzwerken nichts
Ungewöhnliches.
Eine weitere amerikanische Neuerung, die in Differdingen vervollkommnet wurde,
ist das Grey-Walzwerk, das aus zwei hintereinander angeordneten Walzgerüsten besteht,
wovon das erste zwei horizontale Walzen besitzt und das zweite Gerüst als Universal-
walzwerk ausgebildet ist. Luf diesem Walzwerk ist es möglich, breitflanschige Träger
von sehr großen Abmessungen herzustellen. Ein anderes Verfahren, derartige Träger
zu walzen, hat Sack in Oüsseldorf bereits im Zahre 1887 vorgeschlagen.
In der Fabrikation nahtloser Röhren wurden durch das Verfahren von Mannes-
mann und durch das von Ehrhardt große Fortschritte erzielt.
Für den Antrieb der Walzenstraßen ist anfangs dieses Zahrhunderts die Gasmaschine
verwendet worden, welche sich zu diesem Zwecke jedoch nur langsam einführte, da dieses
Maschinensystem keine starke Uberlastung verträgt. Man lernte später die Leistung der
Maschine derart zu bemessen, daß sie auch für den höchsten Kraftbedarf der Walzen-
straße ausreicht, solche Maschinen sind aber häufig zu gering belastet, wobei der Gasver-
brauch unwirtschaftlich wird. Der Elektromotor, welcher bis vor wenigen Jahren im
Walzwerk nur zum Antrieb der Hilfsmaschinen diente, hat sich auch als Antriebsmotor
für Walzenstraßen eingebürgert. Zuerst wurden Gleichstrommotoren, insbesondere zum
Antrieb der Feinstraßen, verwendet, was den Nachteil mit sich brachte, daß dieselben
nicht an das allgemeine Stromnetz, in welchem gewöhnlich Drehstrom zur Verfügung
steht, angeschlossen werden konnten. Um die Verwendung von Drehstrommotoren
zu ermöglichen, war es erforderlich, auch hier die Beränderlichkeit der Umdrehungs-
zahlen zu erzielen, was durch verschiedene, zum Teil jedoch etwas komplizierte Ein-
richtungen gelungen ist. Hierbei wird der Vorteil erreicht, daß ein hoher Nutzeffekt
des Motors auch bei der herabgesetzten Umdrehungszahl erhalten bleibt. Die Erfindung
des Ilgner-Umformers mit Schwungrad gestattete auch den Antrieb von Umkehrblock-
straßen auf elektrischem Wege vorzunehmen, ohne unzulässig hohe Stromstöße im Netz
zu bekommen.
Bezüglich der Verarbeitung der Legierungen ist von Interesse das Warmpreß-
verfahren von Oick, das zum Verarbeiten von Messing, Deltametall und ähnlichen Legie-
rungen zu Rundstangen, profilierten Stäben usw. bei Temperaturen zwischen 600 und
700°C dient. Es werden zpylindrisch gegossene, auf Preßtemperatur erwärmte Blöcke
in den Preßzylinder einer Presse gebracht und, nachdem derselbe geschlossen, mittels
Wasserdruck das Material durch eine Preßmatrize aus Wolframstahl gepreßt.
Das Verfahren dient auch zur Herstellung des Ausgangsmaterials für den sog. Preß-
guß. Aus Rund- oder Profilstangen werden geeignete Stücke abgestochen und erwärmtj; so-
dann wird auf Friktionspressen in unterteilten Gesenken dem Stück die Gebrauchsformerteilt.
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