Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Bergbau und Hüttenwesen. 91 
  
Materialqualität. Die Lurchführung der Zualitätsverbesserung der Metalle 
und Legierungen ist durch wissenschaftliche Untersuchungen, 
sowie namentlich durch die Ausbildung neuer phypsikalischer, mechanischer und chemischer 
Untersuchungsmethoden, in erster Linie der „Metallographie“, wesentlich gefördert 
worden. Es wurden Stahlsorten mit erhöhten Arbeitseigenschaften, hauptsächlich 
durch die Einführung von bisher nicht zu diesem Zweck benützten Metallen wie Nickel, 
Chrom, Wolfram, Molybdän usw. erhalten. Auf dem Gebiete der übrigen Metalle 
hat durch die Einführung der verschiedensten geeigneten Desoxydationsmittel die Material- 
qualität eine Verbesserung erfahren. 
Oie legierten Stähle, die sog. Sonderstähle, können in Konstruktionsstähle und 
Schnelldrehstähle unterschieden werden. Bei den Konstruktionsstählen spielt der Zusatz 
des Nickels die Hauptrolle, und wir können diese in reine Nickelstähle und in komplexe 
Nickelstähle einteilen. Erstere werden mit ANickelgehalten von 1—6% und von 25—500% 
hergestellt. Ze nach der Höhe des Kohlenstoffgehalts dieser Nickelstähle entstehen Unter- 
abteilungen mit verschiedenen Arbeitseigenschaften. Setzt man dem Nickelstahl weitere 
Metalle zu, so entstehen die komplexen Nickelstähle. Als Zusatzmetall hat sich haupt- 
sächlich das Chrom bewährt, und namentlich im Automobilbau werden Chromnickel- 
stähle mit niedrigen Gehalten an Aickel und Chrom, welche eine hohe Bruchfestigkeit 
und Härte mit großer Dehnung vereinigen, in ausgedehntem Maße angewandt. Durch 
entsprechende Wärmebehandlung (Bergütung) kann man innerhalb gewisser Grenzen 
sehr bedeutende Anderungen der Festigkeitseigenschaften dieser Legierungen erzielen. 
Setzt man diesen Automobilstählen geringe Mengen Vanadium zu, so ist man in der 
Lage, ihre Eigenschaften noch weiter zu verbessern. Die Manganstähle, welche in der 
Kegel 12—14% Mangan enthalten, zeigen in abgeschrecktem Zustande eine bedeutende 
Zähigkeit. Sie werden hauptsächlich zu solchen Konstruktionsteilen verwendet, bei denen 
eine große Widerstandsfähigkeit gegen Abnutzung den Ausschlag gibt. Siliziumstähle 
mit Konzentrationen bis etwa 5% Silizium dienen hauptsächlich zu Federstahl und 
Doynamoblechen. 
Oie sog. Schnelldrehstähle sind von den Amerikanern Taylor und Wight erfunden 
worden. Sie werden in Deutschland seit über 10 Jahren in vorzüglicher Qualität her- 
gestellt. Während die gewöhnlichen gehärteten Kohlenstoffstähle schon bei Temperaturen 
von 200° Cihre Härte verlieren, man also nur geringe Schnittgeschwindigkeit bei geringer 
Spandicke anwenden kann, bleiben die Schnelldrehstähle noch schnittfähig, wenn die 
Schneidkante dunkelrotglühend geworden ist. Der Hauptbestandteil dieser Stähle ist 
das Wolfram, das in Mengen bis zu 25% zugesetzt wird. Daneben sind regelmäßig 
noch 5—6% Chrom vorhanden. In einigen Fällen enthalten die Schnelldrehstähle auch 
Molpbdän und geringe Mengen Vanadium. 
Als Desozydationsmittel für Kupfer und Kupferlegierungen wurde schon vor Be- 
ginn der Berichtsperiode der Phosphor in Form von Phosphorkupfer bzw. Phosphor-- 
zinn benutzt. Man glaubte früher, daß der Phosphor einen konstituierenden Bestand- 
teil der Legierungen bilden müsse, fand jedoch bald, daß nur dann die besten Eigenschaften 
erzielt werden, wenn der in der Legierung verbleibende Phosphor nur gering ist. Das 
  
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