Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Die Maschinen Industrie. 97 
  
zu einem, bei Kolbenmaschinen nicht erreichbaren Vakuum arbeitenden Niederdruck- 
turbinen nützen den Abdampf periodisch arbeitender Kolbenmaschinen, nachdem er in 
Wasser, das sich unter entsprechendem Siededrucke hält, aufgespeichert war, in weit- 
gehender Weise aus. 
Die Verbrennungskraftmaschine war um 1890 als einfach wirkende VBier- 
taktmaschine von nach unseren heutigen Begriffen kleineren Leistungen weit verbreitet. 
Versuche, in der Maschine Ole zur Verbrennung zu bringen, waren im Gange, teilweise 
schon in die Prazis eingeführt, aber noch mit geringem Erfolge. Inzwischen haben der 
Dieselmotor und eine Reihe anderer, sich an ihn anlehnende Konstruktionen die Auf- 
gabe für einige leichtere Ole glänzend gelöst und die Lösung der Aufgabe, auch schwerere 
Ole für Krafterzeugung zu verwenden, ist nahezu gelungen. Der Zweitakt-Motor hat 
seine Wirtschaftlichkeit und Betriebssicherheit bewiesen. Aeben den, die ganze Brenn- 
stoffladung auf einmal zur Entzündung bringenden Motor ist der, die Ladung unter 
gleichbleibendem Druck nach und nach verbrennende GEleichdruckmotor getreten. Uberall 
da aber, wo billiges Gas oder große Mengen minderwertigen Gases zur Verfügung 
stehen, z. B. in Hüttenwerken, hat die zweifachwirkende Großgaskraftmaschine eine von 
großen wirtschaftlichen Erfolgen begleitete Umwälzung der Betriebsweise der Werke 
bervorgerufen. Juch hier leistet jetzt eine große Maschine soviel tausend Pferdestärken 
als um 1890 die größten Maschinen hundert leisteten. 
Versucht ist die Lösung der Frage der Verbrennungs-Turbinen. Unterwegs und 
von großer Wichtigkeit, besonders für die Heeresverwaltung, die Aufgabe der Ol-Ver- 
brennunge-Lokomotive. 
Bei den Wasserkraft maschinen ist mit der Vertiefung ihrer theoretischen Be- 
rechnungsweise die Zahl der vielen Konstruktionsarten auf einige wenige zusammen- 
geschrumpft. Dies hat den Vorteil, daß die Kräfte der Industrie und der Wissenschaft 
hinsichtlich des Baues und der Berechnung auf wenige Arten verdichtet werden und 
dadurch fruchtbarer wirken. Neue Arten sind nicht geschaffen worden, aber die wenigen 
übrig gebliebenen sind wesentlich vervollkommnet, für größere Leistungen und größere 
Gefälle brauchbar gemacht. Die Francisturbine für große Wassermengen (bis zu 40 
Sekunden-Kubikmetern in einem Rade) und lleinere Gefälle und die Peltonräder für 
große Gefälle (bis zu 1500 m in einer Radstufe) beherrschen heute das Feld. Oie 
schwierigen Vorrichtungen zur Regulierung der Turbinen auf bestimmte Umlauf- 
zahlen, die besonders beim Arbeiten mehrerer von Turbinen angetriebener Dynamo- 
maschinen von Wichtigkeit sind, und die zeitweise Anpassung an andere Wasserverhält- 
nisse sind mit besonderer Sorgfalt ausgebaut worden. ODie Leistung einer großen 
modernen Turbinenanlage hat sich gegenüber der Leistung einer vor 25 Jahren schon 
als recht stattlich angesehenen Anlage nahezu verhundertfacht. Die inzwischen geschaffene 
Möglichkeit, elektrische Arbeit auf große Entfernungen über Land zu leiten, hat ge- 
stattet, die großen, in abgelegenen Gebirgstälern mit großem Schaden für die Vegetation 
abstürzenden Wassermassen der menschlichen Kultur dienstbar zu machen. Oer weitere 
Ausbau der Wasserführungen, besonders die sich von Jahr zu Jahr mehrenden Tal- 
sperren werden, wenn bierin weiterhin großzügig und mit großem Kapital vorgegangen 
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