Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
146 Oie chemische Industrie. VI. Buch. 
  
austreten zu lassen. Die auf diese Weise erhaltenen Nitrozellulosefäden werden ihrer 
gefährlichen Eigenschaften, der leichten Brennbarkeit, durch Denitrieren entkleidet. 
Aus derselben Masse werden auch die leicht entflammbaren Films für photo- 
graphische Zwecke und besonders auch für die Vorführungen durch den Kinematographen 
angefertigt. 
Die anderen drei neuen Kunstseiden, der Glanzstoff oder die Kupferseide, die Vis- 
kose und die Azetatzellulose, zeigen diese leichte Entflammbarkeit nicht. 
Seide wird am besten und billigsten durch die BViskose nachgeahmt. Für die Kine- 
matographenfilms wird sich am besten wohl die Azetatzellulose eignen. 
Die Weltproduktion an allen diesen 4 Kunstseiden zusammen wird auf 5 Mill. Kilo 
im Werte von 60 bis 70 Mill. Mark geschätzt. Deutschland produzierte im Zahre 1908. 
davon 1,2 Mill. Kilo und verbrauchte 1,5 Mill. Kilo. 
Endlich gehören zu der organischen chemischen Industrie auch die- 
modernen Sprengstoffe, welche neben dem noch immer in 
großen Mengen erzeugten Schwarzpulver und den gefährlichen Dynamiten und der 
Schießbaumwolle sich einbürgern, weil sie weit handhabungssicherer sind. Zu diesen 
Sicherheitssprengstoffen sind besonders die aus Ammonnitrat und Nitrokörpern (be- 
sonders Trinitrotoluol) hergestellten Mischungen zu rechnen. Zur Füllung von Gra- 
naten werden Pikrinsäure und Trinitrotoluol benutzt. 
Sprengstoffe. 
  
Oer vorstehende kurze Uberblick über die Leistungen der heutigen chemischen Zndu- 
strie zeigt, wie dieser Zweig der Technik sich in Deutschland in den letzten 
25 Jahren geradezu beispiellos entwickelt hat. « 
Die Gründe hierfür sind darin zu suchen, daß die chemische Industrie nur dann mit 
Erfolg gedeihen kann, wenn sie sich auf die Wissenschaft stützt, wie das hier geschehen ist. 
Dazu kommen deutscher Fleiß, deutsche Gründlichkeit und Zuverlässigkeit und eine weise- 
Fürsorge der leitenden Stellen. 
  
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