VI. Buch. Steine und Erden. 169
tion des künstlichen Marmors hat in Deutschland einen großen Aufschwung genommen.
Solcher Marmor läßt sich ebensogut zur Bekleidung von Wänden und Decken und
zum Bau von Säulen und Kapitälen verwenden wie der natürliche. Er hat vor
ihm den Vorzug voraus, daß er durch Formen leicht in beliebige Gestalt gebracht
und beliebig gefärbt und geadert werden kann, während der natürliche Marmor
schwieriger bearbeitbar ist und in der Farbe so hingenommen werden muß, wie ihn
die Mutter Erde liefert, wobei man Gefahr läuft, daß sich gerade an der Schauseite,
die man ja erst herausarbeiten muß, eine ungünstige Farbenzusammenstellung findet.
Die Grundmasse der künstlichen Marmorarten sind Mineraltrümmer, Farben und
ein mineralisches Bindemittel. Schon die Alten verstanden aus Gips und Farben
herrlichen Kunstmarmor herzustellen. Diese Kunst ist in Deutschland urch Ztaliener
eingeführt worden, und jetzt stehen die Schüler ihren Meistern in der Ausübung
der Kunst mindestens gleichwertig zur Seite. Die Kunstmarmorkörper fallen härter
und schöner aus, wenn man sie aus sogenanntem Marmorzement, d. i. aus Alaungips
(alaunisiertem Gips) erzeugt. Eine andere, sehr feste, harte und schöne weiße Masse
erhält man durch Vereinigung von Magnesia und Chlormagnesium. Bei Frankenstein
in Schlesien findet sich in reichen Mengen ein weißes Mineral, der Magnesit, die Ver-
bindung von Kohlensäure und Magnesia. Beim Brennen gibt der Magnesit die Kohlen-
säure ab und wird zu Magnesia, die nun fein gepulvert mit Chlormagnesium, einem
Salz, das bei der Staßfurter Kalisalzbereitung massenhaft abfällt, zusammengerührt
wird. Das Gemenge führt den Namen Magnesiazement oder nach seinem Entdecker
Sorelzement. Es besitzt eine hohe Bindekraft und vermag daher andere Mineraltrümmer
und Farbzusätze aufzunehmen und miteinander zu verkitten.
Wenn die mit Farben versetzten Kunstmarmormassen aufgetragen sind, gelingt es,
sie in einfachster Weise dadurch zu masern und zu adern, daß man mit Kämmen oder
lockeren Pinseln durch sie durchfährt und dort, wo es nötig erscheint, neue, vielleicht
anders gefärbte Masse nachträgt. Soll die Aderung recht zart werden, dann reißt man
angefeuchtete und gut durchgeknetete Masse in Stücken, taucht sie in gefärbte Masse
und preßt die Stücke zu einem großen Klumpen aufeinander. Wird der Klumpen zu
Vlatten zerschnitten, dann zeigen die Schnittflächen die feinste Aderung.
Alle Kunstmarmormassen erlangen durch Polieren Spiegelglanz. Mit Kunstmarmor
sind nicht nur zahlreiche Häuser und Paläste Berlins im Inneren geschmückt, sondern
auch z. B. das Kaiser-Friedrich-Museum. Sie alle zeigen, wie weit diese schöne Kunst
in Deutschland gediehen ist.
Edelputz. Die Bereitung von Mörteln für Bauzwecke ist alt. Aber in den letzten
Jahren hat man in der Architektur unter dem Namen Edelputz Mörtel-
gemische für den Ausputz der Fassaden vornehmer Häuser eingeführt, die sich nach Farbe
und Korn vorteilhaft von den alten Putzmaterialien unterscheiden. Zunächst war es not-
wendig, aus diesen Mörteln den Zement völlig auszuscheiden, weil er nach dem Annetzen
zu mißfarbigen Ausblühungen neigt. Es durfte nur reiner, völlig abgelöschter Kalk gebraucht
werden. Auf die sicherste Weise ist solcher Kalk dadurch zu gewinnen, daß man ihn in
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