Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
188 Die Nahrungsmittelindustrie. VI. Buch. 
  
zu erlassen, die bei der Ausführung von Nahrungemitteluntersuchungen in amtlicher 
Veranlassung anzuwenden waren. Das erstemal geschah dies nach dem Erlaß des Farben- 
gesetzes im Zahre 1887 für den Nachweis des Arsens und Zinns. Später folgten dann 
die amtliche Anweisung für die chemische Untersuchung des Weines, der Fette, und 
endlich die eingehenden Untersuchungsvorschriften für Fleisch und Fleischwaren. Auch 
zur Durchführung der Steuer- und Zollgesetze wurden umfangreiche Prüfungsvor-- 
schriften erlassen, die sich auch auf Nahrungsmittel bezogen, z. B. auf Zucker, Olivenöl, 
tierische Speisefette, Wein, und die daher gleichfalls für den Handel und Verkehr mit 
Nahrungemitteln eine große Bedeutung besitzen. 
Oiese amtlichen Vorschriften sind bei der Untersuchung der Nahrungs- und Genuß- 
mittel zum Zweck der amtlichen Kontrolle in erster Linie anzuwenden. Es darf aber nicht 
Übersehen werden, daß die Wissenschaft, auch diechemische Analyse, sich ständig weiter ent- 
wickelt und daß daher Untersuchungsverfahren auch veralten können. In solchem Falle 
muß der Sachverständige natürlich berechtigt sein, von der amtlichen Untersuchungsvor- 
schrift abzuweicheen, damit er die Ergebnisse seiner Untersuchung auch vom wissenschaft- 
lichen Standpunkte aus zu vertreten imstande ist. Er muß aber dann wenigstens angeben, 
wie er die Untersuchung ausgeführt hat, damit ein anderer Sachverständiger, sofern dies 
aus irgendeinem Grunde notwendig werden sollte, in der Lage ist, nach demselben Ver- 
fahren zu arbeiten. 
„Vereinbarungen“ 1897—1901. Es war nun aber nicht möglich, für alle Nah= 
rungs- und Genußmittel eine amtliche Unter- 
suchungsvorschrift zu erlassem. Diese Lücke wurde durch die „Vereinbarungen“ ausgefüllt, 
die in den Jahren 1897—1901 von einer Kommission von Nahrungemittelchemikern 
unter dem Vorsitz des Kaiserlichen Gesundheitsamtes ausgearbeitet wurde, nach- 
dem vorher schon von den in den bayrischen Untersuchungsanstalten tätigen Sachverstän- 
digen sehr wertvolle Vorarbeiten hierfür ausgeführt waren. Diese „Vereinbarungen 
zur einheitlichen Untersuchung und Beurteilung von Nahrungs- und Genußmitteln so- 
wie Gebrauchsgegenständen für das Deutsche KReich“ sollten zunächst nur ein Entwurf sein. 
Sie haben trotzdem aber einen großen Einfluß nach den verschiedensten Richtungen hin 
ausgeübt. Zunächst war es als ein großer Erfolg anzusehen, daß die mit der Untersuchung 
von Nahrungesmitteln und Genußmitteln sich befassenden Sachverständigen diese „Ver- 
einbarungen“ sich zur Richtschnur machten, aus welchem Grunde auch immer diese Unter- 
suchungen vorgenommen wurden, und daß sie sich mit Eifer und Erfolg an der weiteren 
Ausgestaltung dieser vereinbarten Vorschriften beteiligten. Auch im Auslande fanden 
diese Vereinbarungen bald Nachahmung, was für den internationalen Warenverkehr nicht 
ohne Einfluß blieb. 
  
Reichsgesundheitsamt amn aber e — d 
d eiterentwicklung der Wissenschaft auf dem Laufen- 
und Reichsgesundheitsrat den zu erhalten, wurde die weitere Fortführung dieser 
Arbeit durch den mit dem Reichsgesundheitsamt verbundenen Reichsgesundheitesrat 
vorgesehen. Einige Abschnitte der „Vereinbarungen“ sind inzwischen auch schon einer Neu- 
  
  
636
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.