192 Die Naahrungsmittelindustrie. VI. Buch.
Zwar war auch schon durch das Nahrungemittelgesetz vom Zahre 1879 die Möglich-
keit einer Uberwachung des Verkehrs mit Fleisch und Fleischwaren gegeben. Es hatte
sich aber doch im Laufe der Zeit immer mehr berausgestellt, daß die Bestimmungen des
Nahrungemittelgesetzes nicht ausreichten, um eine der Bedeutung des Verkehrs gerade
mit diesen wichtigen Nahrungemitteln entsprechende Überwachung sicherzustellen. Es
konnte nicht immer nachträglich festgestellt werden, ob ein im Verkehr angehaltenes
Stück Fleisch von einem kranken Tier herstammte, obwohl in verschiedenen Bundesstaaten
auch früher schon eine geregelte Fleischbeschau, wenn auch in verschieden großem Umfang
eingeführt war. Das aus dem Auslande eingeführte Fleisch unterlag nur teilweise einer
Uberwachung, und der Umstand, daß in den verschiedenen Bundesstaaten und Gemeinden
des deutschen Reiches häufig ein ganz verschiedenes Recht galt, trug nicht dazu bei, den
Handel mit Fleischwaren, der an keine engen räumlichen Grenzen gebunden ist, zu
erleichtern. Dazu kam, daß in der Zeit seit Ausgang der 80er JZahre des 19. Jahr-
hunderts der Gebrauch von Konservierungsmitteln und Farbstoffen bei der Herstellung
von Fleischwaren immer mehr Eingang fand, obwohl sich die Nahrungsmittelkontrolle
demgegenüber von vornherein abwartend verhielt.
lanzliche Fette und Ole. Neben den tierischen Fetten spielen die pflanz-
Pllanzliche- lichen Fette und Ole für die Ernährung der
Bevölkerung, wie für verschiedene gewerbliche Zwecke eine große Rolle. Während aber
der Bedarf an tierischen Fetten wenigstens teilweise auch durch die Erzeugung im In-
lande gedeckt werden kann, ist man für die Beschaffung der pflanzlichen Fette und Ole fast
ausschließlich auf das Ausland angewiesen, indem entweder die fertigen geschlagenen Ole
oder die ölhaltigen Pflanzenteile eingeführt und die letzteren im Inlande auf die in
ihnen enthaltenen fetten Ole verarbeitet werden, da die klimatischen Verhältnisse Deutsch
lands für den Anbau der hier in Betracht kommenden ölhaltigen Pflanzen nicht geeignet
sind. Die Nachfrage nach pflanzlichen fetten Olen ist aber in den letzten Zahrzehnten nicht
nur für sonstige gewerbliche Zwecke, sondern vor allem auch für die Zwecke des Nahrungs-
mittelgewerbes ständig gewachsen. Dies war vorzugsweise durch die Entwickelung der
Margarineindustrie bedingt, deren Bedarf an Fetten überhaupt und an pflanzlichen
Fetten und Olen insbesondere dauernd im Wachsen begriffen war. Denn während man
bei den ersten Versuchen zur Herstellung eines der Butter ähnlichen Speisefettes aus-
schließlich von tierischem Fette, namentlich von Rindertalg ausging, wurden bei der
weiteren Entwickelung dieser Industrie sehr bald aus technischen und aus wirtschaftlichen
Gründen tierische und pflanzliche Fette gemeinsam verarbeitet. Durch das Gesetz betreffend
den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzstoffen vom Jahre 1897 und die
zu diesem Gesetze erlassenen Ausführungsbestimmungen wurde der Zusatz eines pflanz-
lichen Oles, nämlich des Sesamöles zu aller Margarine vorgeschrieben, um dadurch die
Erkennbarkeit der Margarine auch in Mischungen mit Butter zu erleichtern. Da dieser
Zusatz von Sesamöl 10 v. H. des Gesamtfettes betragen soll, so stieg der Bedarf an
Sesamöl im Laufe der Zeit sehr beträchtlich. Ein weiterer Anlaß zu einem vermehrten
Verbrauch an pflanzlichen Olen wurde dann dadurch gegeben, daß die Margarinefabriken
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