VI. Buch. Der auswärtige Handel. 245
Neue Tarifverträge sind unter Hohenlohe nicht abgeschlossen worden. Oie unter
ihm zustande gekommenen Verträge beschränkten sich auf die Gewährung der Meist-
begünstigung.
Hie Handelspolitik n ere bälinen rkann s“G aber 7n-l dintet
em Bestreben, die künftige Erneuerung der Cap-
unter dem Fürsten Bülow. rivischen Verträge nicht „als bloße Abschriften der
jetzt bestehenden Verträge“ hinzunehmen. Es ist an dieser Stelle nicht möglich, auf
die wechselreiche Geschichte dieser Vorbereitungszeit einzugehen, die ihren Ausgangs-
punkt nimmt von der berühmten Hildesheimer Rede Migquels mit der Parole der
„Sammlung“, eine NAeubelebung der Bismarckschen Solidarität der protek-
tionistischen Interessen von Landwirtschaft und Schwerindustrie zeitigte und
schließlich — unter dem Reichskanzler von Bülow, der im Herbst 1900 Nachfolger
Hohenlohes geworden war — in der Nacht des 13. Dezember im Reichstag zur An-
nahme des Zolltarifs von 1902 führte. Wir müssen uns darauf beschränken, den
jetzt hergestellten Zustand demjenigen der Ara Caprivi gegenüberzustellen. Der neue
Tarif unterscheidet sich von seinem Vorgänger zunächst einmal dadurch, daß er auf der
ganzen Linie eine Erhöhung der Sätze bringt, ohne allerdings ein sog. „lückenloser Tarif“
zu sein. Bei der Aufstellung der 946 Positionen ist man den Wünschen der Interessenten
in ungewöhnlichen Maße entgegengekommen. Hierbei ist freilich weniger die Albsicht
leitend gewesen, den Tarif auch wirklich anzuwenden, als vielmehr das Bestreben, bei
künftigen Verhandlungen ein Rüstzeug in der Hand zu haben. Die Regierung hat
denn auch alle auf einen Doppeltarif gerichteten Wünsche abgelehnt, da sie sich auf
eine untere Grenze für die von ihr zu gewährenden Konzessionen nicht festlegen wollte.
Aur bei den 4 Hauptgetreidearten hat sie in Minimalsätze eingewilligt. Im Tarif ist
für Weizen ein Zoll von 7,50 M., für Roggen, Gerste und Hafer ein solcher von 7 M.
vorgesehen. Das Zolltarifgesetz sagt nun, daß diese Zollsätze durch vertragsmäßige
Abmachungen
bei Roggen nicht untter 5,00 M.
„ Weizen und Spelz nicht uner 5,50 „
„ Malzgerste nicht unter 4,00 „
„ Hafer nicht uter 5,00 „
für einen Doppelzentner herabgesetzt werden sollen. Faktisch bedeutet dies mit Rück-
sicht auf die gegenüber den Nichttarifländern bestehende Meistbegünstigungsklausel, daß
der hier angegebene Satz schlechtweg zur Anwendung kommt. Es ist somit der Satz
von 1887 wiederhergestellt worden, bei Weizen sogar um 50 Pf. darüber hinausgegangen.
Auch die meisten der andern agrarischen Positionen (einschl. wichtiger Futtermittel)
sind namhaft erhöht oder neu eingeführt worden, so vor allem die Zölle für Pferde,
Bieh und tierische Produkte. Ermäßigt wurden die Sätze für Futtergerste.
Einfuhrscheine. Eine wichtige Anderung erfuhr ferner das System der Einfuhr-
sicheine. Im Zahre 1879 war gleichzeitig mit dem Zolltarif der
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