Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
250 Der auswärtige Handel. VI. Buch. 
  
wicklung der Industrie möglich ist. Die Statistik zeigt nämlich, daß diese in steigendem 
Maße den Bevölkerungszuwachs ausgenommen hat. Aus der nachstehenden Ubersicht 
geht dies deutlich hervor: 
  
  
Berufsabteilungen. 
  
  
a) = absolute Zahl Berufsbevölkerung überhaupt Erwerbstätige im Hauptberuf 
b) = Prozentziffer 19007 1896 1f882 1907 1895 1882 
A. Landwirtschaßt a) 17 681 17618 501 307|19 225 4559883 2578292 60028236 406 
Gärtnerei u. Tierzucht bt“ 35.74 42, 52 32,69 36, 19 43.38 
B. Bergbau, Indbustrie) 372 21 BO 11 256 2544281 220 6396 465 
Bauwesen. bd 39,12 35, 51 37 21 36, 14 33,69 
C. Handel und .. . .... dàa)272599 966 84% OCC0C62O 2338 511 1570 318 
Verkber b)32 II, 52 To,oz II, 50 — .27 
D. Häusliche Dienstte 2) 792 748 886 8079829444 432 4091 397 582 
Lohnarbeit . b) 1,26 1,71 2,07 1, 56 1,89 2, 10 
E. Militär-, Staats-, Ge a) 3407 1261 2835 o14 2222 982 1738 530 1425 961 1031 147 
meinde- usw. Dienst . b) 5,53 5. 48 4.92 5.75 6,22 5.43 
F. Ohne Beruf und 15 5 174 7051532706912246 22404983 2142 80811354 486 
Berufsangabe d) 60.3 6, 43 4,97 11,26 9435 7, 13 
  
  
  
  
  
  
Zusammen: 61 720 520951 770 28446 222 11330 232 345 22 913 683 18 986 494 
Von 1882—1907 (der letzten Berufszählung) haben demnach die hauptberuflich 
Erwerbtätigen um 11,2 Mill. zugenommen. Davon fielen auf die Landwirtschaft 1,6, 
auf Industrie und Handel hingegen 6,7 Mill. Noch ungünstiger wird das Verhältnis, 
wenn die Berufsbevölkerung überhaupt zugrunde gelegt wird. Der Anteil der Land- 
wirtschaft ist sogar absolut zurückgegangen, von 19,2 auf 17,6 Mill. Menschen, d. i. von 
42 auf 28%. Industrie und Handel hingegen haben ihre Beteiligung von 20,5 auf 34,5 
Mill. steigern können, d. h. von 45 auf 55•% der Gesamtbevölkerung. 
; Unterliegt es somit keinem Zweifel, daß 
Die Bedeutung der Landwirtschaft. es in erster Linie die Industrie gewesen 
ist, die den zuwachsenden Bevölkerungsteilen Unterkunft verschafft hat, so würde 
es doch auf eine vollständige Verkennung der Wesensbedingungen des deutschen 
Sozial- und Wirtschaftslebens hinauslaufen, wenn daraus etwa gefolgert würde, daß 
die Landwirtschaft für Deutschland von minderem Werte sei. Das Gegenteil ist rich- 
tig. Für die Beschaffung von Nahrungemitteln in Deutschland ist dessen 
eigene Landwirtschaft immer noch der ausschlaggebende Faktor, wie weiter 
unten darzulegen sein wird. Aber nicht hierum allein handelt es sich. Wichtig ist auch, 
daß die landwirtschaftliche Bevölkerung die fortdauernde Regeneration der Gesamt- 
bevölkerung zum mindesten in physischer lund wohl auch in moralischer) Beziehung 
sichert. Hierzu kommt, daß die deutsche Industrie, wenn sie, wie die englische, der 
inneren, durch die Landwirtschaft bedingten Kaufkraft entbehrte, weniger gut fun- 
diert und den Folgewirkungen internationaler Krisen viel stärker ausgesetzt wäre, als es 
zurzeit der Fall ist. Sehr erheblich ist endlich, daß die Entwicklungstendenzen in der 
landwirtschaftlichen Betriebssorm (im Gegensatz zur Industrie) zum Mittel- und Klein- 
betrieb drängen, der sich gegenüber dem Großbetrieb als durchaus lebensfähig erweist, 
  
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