Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
26 Oie deutsche Landwirtschaft. VI. Buch. 
Die Aufwendungen, die in Preußen Staat, Provinzen, andere Kommunalverbände 
und die Landwirtschaftskammern für das landwirtschaftliche Schulwesen — ohne die 
Hochschulen — in baren Zuschüssen machen, sind ebenfalls entsprechend gestiegen von 
642 955 M. im Zahr 1888 auf 2 593 575 M. im Jahre 1911. Die baren Zuschüsse haben 
daher in 25 Jahren um fast 2 Millionen Mark oder über 300 % zugenommen. 
Bis zum JZahre 1911 hatten seit dem Bestehen der Landwirtschaftsschulen, Acker- 
bauschulen und Winterschulen nicht weniger als 163 857 Schüler diese Anstalten besucht, 
darunter 119 454 Schüler die Winterschulen. Dies sind die Pioniere für den tech- 
nischen Fortschritt in den Kleinbetrieben. 
Erfolge. Und nun zu den Erfolgenk! d. h. zu einer streng kritischen Prüfung 
— der Frage, was mit diesen gewaltigsten Anstrengungen verschiedenster 
Art denn nun erreicht wurde? — erreicht wurde einmal in privatwirtschaftlicher 
Hinsicht, d. h. für die Reinertragssteigerung der Einzelwirtschaften und anderer- 
seits in gemeinwirtschaftlicher Hinsicht, d. b. für die Steigerung der Gesamt- 
produktion in Lebensmitteln, also für die möglichst selbständige Ernährung un- 
seres Bolkes? 
Durchweg sind die Betriebskosten — wenn auch je nach der Intensität der ver- 
schiedenen Betriebsweisen in verschiedenem Grade, so doch in nahezu allen Betrieben — 
sehr erheblich gestiegen — und zwar nicht nur durch die gewaltige Steigerung der 
Arbeitslöhne, welche bei den ländlichen Arbeitern in den letzten 25 Jahren ca. 50% 
betrug, sondern auch durch eine bedeutende Verteuerung aller anderen Betriebs- 
mittel — namentlich der Baumaterialien, der Kohle, des Eisens, der Sattler- und 
Stellmacherwaren, Maschinen usw. Dennoch wird zugegeben werden müssen, daß im 
großen und ganzen in den letzten Jahren die Bruttoerträge — nicht nur an ver- 
käuflichen Erzeugnissen, sondern auch an Geldeinnahmen stärker gestiegen sind 
als die Betriebskosten, so daß hieraus auch höhere Reinerträge resultierten?. 
Wenn diese Ertragssteigerungen in der Landwirtschaft auch binter denjenigen anderer 
Erwerbsstände weit zurückstehen und wohl in keinem Betriebe auch nur annähernd 
gleiche Kapitalsansammlungen ermöglichen wie in Industrie und Handel?), so 
1) Wenn auch die aus den Steuerveranlagungen ersichtlichen Steigerungen des Einkommens der phy- 
sischen Zensiten nicht ohne weiteres ein richtiges Bild dieser Zunahme der Reinerträge aus der Landwirt- 
schaft geben, so sind sie doch zum Tell mit darauf zurückzuführen und deshalb nicht uninteressant. 
ODas Einkommen der physischen Zensiten auf dem Lande in Preußen ist gestiegen von 1852 Millio- 
nen Mark im Jahre 1892 auf 4482 Millionen Mark im Jahre 1912, das steuerbare Vermögen auf dem 
Lande von 25 516 Millionen Mark im Zahre 1895 auf 39 388 Millionen im Zahre 1911/1913. 
Als ein weiteres wichtiges Zeichen für die günstige wirtschaftliche Entwicklung kann auch angeführt wer- 
den, daß die Auswanderung aus dem Deutschen Reiche, die im Zahre 1887 noch 104 787 Personen, gleich 
2,20% der Bevölkerung betrug, dauernd zurückgegangen ist und im Jahre 1912 nur noch 18 545 Personen 
oder 0,28 % der Bevölkerung ausmachte. 
:) Die Steigerung des Einkommene der phypsischen Zensiten in den Städten ist von 1892—1912 in 
Preußen von 3 853 Millionen Mark auf 10757 Millionen Mark, das veranlagte Vermögen der phypsischen 
Zensiten in den Städten von 1895—1911/13 von 38 281 Millionen Mark auf 64 669 Millionen gestiegen, also 
ganz erheblich mehr, als die angegebenen Zahlen für die Zensiten auf dem Lande erkennen lassen. 
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