Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
274 Binnenhandel. VI. Buch. 
  
stellten, aufzunehmen. Aber mit einer derartigen Aufsaugung von Arbeitskräften 
war nicht, wie es in der Industrie zutage trat, eine Aufsaugung der Kleinbetriebe 
verbunden. 
Zur Zllustrierung der eben gemachten Ausführungen mögen bier noch einige Zahlen 
folgen, die sich auf Preußen beziehen. 
  
  
Zahl der Betriebe 
  
  
  
  
  
  
  
in Industrie und Handwerk im Handel 
1882 107 L 1882 *. 222 
Gehilfenlose Betriebe 755 176 518 3743000 246 01½ % 
Betriebe mit höchstens 2 Ge- 
bilsen 249 768 279 5823 + 12 „ 9287 1“ 4238. 
mit 3—5 Gehillen 162 6556204487AK 22„ 50 6066 140, 
mit 6—10 Sehilfen 28 4351185282114 94, 10 66728435 67 „ 
mit 11—50 Gehilsen 20 3ç 851485J 150 „ 4448 16 700 275 „ 
mit mehr als 50 Gehilsen 5 39q 164653 K200 „ 255 16974 5 " 
Der Unterschied in der beiderseitigen Entwicklung springt scharf ins Auge. IZn 
den verarbeitenden Gewerben haben die Zwergbetriebe eine Abnahme erfahren, die 
fast ein Drittel beträgt, und die kleinen Betriebe haben zwar nicht an Zahl eingebüßt, 
sind aber doch nur um ein Geringes gewachsen. Im Handelsgewerbe dagegen haben 
sich die Zwergbetriebe ziemlich behaupten können, die Zahl der kleinen und mittleren 
Betriebe hat stark zugenommen. 
An der eben geschilderten Stelle offenbart sich 
das Wesen des Handelsgewerbes, seine Kraft, 
wie seine Schwäche. 
Auf allen Feldern des wirtschaftlichen Schaffens begegnen wir den beiden Formen 
der Unternehmung: dem Großbetrieb und Kleinbetrieb. Der Untergang des letz- 
teren erscheint vom sozialen Standpunkte als eine Gefahr, der mit allen Kräften ent- 
gegengearbeitet werden muß. Am erheblichsten ist die Gefahr auf dem Gebiete der 
Industrie, am schwächsten auf dem Gebiete der Landwirtschaft; das Handels- 
gewerbe steht in der Mitte. ARicht menschlicher Unverstand schafft diese Verschiedenheiten, 
die Natur der Dinge gibt den Grund ab für die Staffelung. In der Industrie ist die tech- 
nische Uberlegenheit des Großbetriebes am hervorstechendsten, in der Landwirtschaft ist 
sie am geringsten, ja, sie kehrt sich hier wohl ins Gegenteil. Das Handelsgewerbe 
bietet zwar auch dem Großbetrieb ein Feld der Betätigung, indes stehen den Vorteilen, 
die diesem Sostem an sich eigen sind und die besonders auf der Möglichkeit einer mecha- 
nischen Gestaltung der Arbeit, einer Massenbehandlung in persönlicher wie sachlicher 
Beziehung beruhen, Nachteile gegenüber, die der Kleinbetrieb vermeidet, da er für eine 
indioidualisierende Geschäftstätigkeit mehr geeignet ist. So ergibt sich die Tat- 
sache, daß ungeachtet des scharfen Wettbewerbes, den die Großbetriebe entfalten und der 
an einzelnen Stellen die Reihen der Kleinbetriebe dezimiert, doch im großen und ganzen 
diese ungeschwächt an Zahl aus dem Konkurrenzkampfe hervorgehen. 
Groß- und Kleinunternehmung 
im Handelsgewerbe. 
  
  
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