VI. Buch. Bankwesen. 303
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Privatdiskont. Aber die Vorwürfe, die man namentlich in Deutschland den
· Großbanken so häufig gemacht hat, daß sie die Oiskontpolitik
der Reichsbank grundsätzlich und absichtlich durchkreuzen, und daß sie den Privatdiskont —
das ist der Marktdiskont, der für sogenannte Primadiskonten im offenen Geldmarkt an
der Börse gezahlt wird — künstlich herniederdrücken, sind im wesentlichen unbegründet.
Die Spannung zwischen dem Privatdiskontsatz und dem Reichsbanksatz beruht auf
mannigfachen Gründen, die darzulegen den Rahmen dieses Aufsatzes überschreiten
würde; aber fest steht doch wohl, daß die Großbanken ein lebhaftes Interesse haben,
daß der Privatdiskont sich möglichst wenig vom jeweiligen Bankdiskont entfernt,
denn die Banken bestimmen den Zins, den sie auf ihre Depositen zu zahlen haben,
im wesentlichen nach der Höhe des jeweiligen Reichsbankdiskonts, während sich ihre
Zinseneinnahmen aus Wechsel, Lombards und Reports häufig nach dem Marktzins
berechnen. Ist außerdem die Spannung zwischen Reichsbank- und Privatdiskont eine
überdurchschnittliche, so würde die Kundschaft jederzeit rasch geneigt sein, den billigeren
Akzeptkredit auszunutzen, was banktechnisch keineswegs immer erwünscht ist. Die Geg-
ner unserer Bankpolitik berufen sich mit Vorliebe auf Frankreich, vergessen dabei aber,
daß bei uns für die Bildung des Privatdiskontsatzes ein viel stärkeres Angebot und Nach-
frage vorhanden ist als in Frankreich, wo es an der Fülle von Diskontabnehmern durch-
aus fehlt. Die Reichsbank hat ferner bei der Festsetzung des Diskonts vor allem auf
die Erhaltung unserer Währung Rücksicht zu nehmen und an tunlichste Aktivität
unserer Zahlungsbilanz zu denken, die sich am besten in den Wechselkursen ausspricht;
und endlich werden ja in dem weit geschäftsfreudigeren Deutschland die Kreditansprüche
von Handel und Industrie in erster Linie von den Kreditbanken selbst befriedigt; die
Reichsbank kommt erst in zweiter Linie als Diskontör in in Betracht. Auch dadurch
ergibt sich eine größere Spannung zwischen Marktdiskont und Reichsbank-
diskont als in einem Lande, wo das Diskontgeschäft im wesentlichen in den Händen
des Zentralinstituts liegt. Zedenfalls wird man wahrheitsgemäß sagen können, daß die
Großdiskontöre in Deutschland sich bei der Normierung des Privatsatzes stets in möglichst
enger Fühlung mit der Reichsbank gehalten, und daß sie hierbei die Rücksichten auf
Verdienst hinter die allgemeinen Gesichtspunkte der Wirtschaftspolitik zurückzustellen
verstanden haben.
Siskontpolitik. Zm Wesen der Oiskontpolitik liegen gewisse Schwierigkeiten.
Während der Privatdiskontör sich nach Angebot und Nachfrage zu
richten hat und richtet, müssen die Zentralbanken auf die Tendenzen der Volkswirtschaft,
auf die internationalen Handelsmärkte Obacht geben und sich unter Umständen
entschließen, in die Freiheit der wirtschaftlichen Kräfte einzugreifen und bei ihren
Maßnahmen die RNücksichten auf die allgemeine Wohlfahrt, insbesondere auf die Auf-
rechterhaltung der Währung entscheiden lassen. Hierbei hat man gerade in den letzten
Jahrzehnten zu Mitteln gegriffen, die auch für das Verhältnis der Privatbanken zum
Zentralinstitut wichtig sind. Die Banken haben sich häufig für den Omport von Gold
interessiert, wofür sie bei uns seit 1879 zinsfreie Vorschüsse von der Reichsbank er-
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