VI. Buch. Oie deutsche Landwirtschaft. z1
Schutzes unserer vaterländischen Arbeit, sondern sie war der eigentliche Kern und
Angelpunkt unserer ganzen riesenhaften, wirtschaftlichen Gesamtentwicke-
lung und wird dies auch weiter bleiben. ·
Ich habe schon vor 25 Jahren ausgesprochen — und bin in dieser Ansicht immer
mehr bestärkt worden —, daß die städtische Abneigung gegen unsere Schutzzollpolitik
weniger auf einer falschen volkswirtschaftlichen Doktrin als auf einer einfachen Un-
kenntnis der landwirtschaftlichen Technik und ihres hbeutigen Standes beruhe.
Viehzucht. Wie irrig die noch heute weit verbreitete Vorstellung Caprivis war,
– welche seine ganze Wirtschaftspolitik beherrschte, als ob die landwirt-
schaftliche Produktion gewissermaßen eine — ein für allemal feststehende — durch die ge-
gebene Ackerfläche bedingte Größe sei, welche sich nicht wie die industrielle nach Bedarf
steigern lasse, glaube ich hinreichend nachgewiesen zu haben. Aber ein anderer — auch rein
technischer — Zrrtum ist nicht minder verbreitet und wird von den Gegnern unserer Ge-
treidezölle noch heute immer wieder ins Gefecht geführt. Das ist die Vorstellung, dals ob
eine Erhaltung oder gar Steigerung des Getreidebaues nur auf Kosten der Viehzucht
möglich sei. „Man kann doch auf der gleichen Fläche nur entweder Getreide bauen oder
Bieh züchten“, entgegnete mir noch kürzlich ein bekannter Parlamentarier. Nun auch
in dieser Hinsicht war unsere Entwickelung in dem letzten Bierteljahrhundert recht lehr-
reich. Um es gleich kurz zusammenzufassen: Während in dieser Zeit unsere Getreide-
erträge, wie ich gezeigt habe, um durchschnittlich 30% gesteigert wurden, stieg gleich-
zeitig unsere Produktion von VBieh und tierischen Erzeugnissen um über 100 %.
Die Viehbestände haben sich in folgender Weise vermehrt:
Es wurden gezählt:
10. Jan. 1. Dez. 2. Dez. Zunahme Zunahme
1883 1892 1912 1883/1912 1892/1912
Pfered 3522 545 3836 273 4516 297 28,29% 17,7%
KRKindvie . 15 786 764 17555 834 20 158 738 27,70% 14,8 %
Schweienen 9 206 195 12 174 442 21 885 073 137,790% 79,8%
Ziegeen 2 640 994 3091 508 3 383 971 28,1% 9,5 %
Nur die Schafbestände haben dauernd abgenommen.
Es wurden gezählt:
10. Jan. 1. Dez. 2. Dez. Abnahme Abnahme
1883 1892 1912 1883/1912 1892/1912
Schae 19 189715 13589 662 5 787 848 69,8%% 57,4%
Infolge dauernder Verbesserungen der Viehschläge und dadurch bedingter Erhöhung
des Gewichts, durch größere Frühreife und rascheren Umschlag ist aber die Fleisch-
erzeugung sehr erheblich stärker gestiegen, als die Vermehrung der Viehbestände
erkennen läßt.
Leider besitzen wir eine amtliche Ermittlung über die Höhe
Fleischerzeugung. ... .
der jeweiligen Fleischerzeugung erst seit dem Jahre 1904.
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