Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. HDandwert. 337 
5 Zahre selbständig persönlich oder als Werkmeister ausgeübt haben; wer am 1. April 
1901 schon 17 ZJahre alt war, darf Lehrlinge anleiten, wenn er eine zweijährige Lehr- 
zeit zurückgelegt hat und 24 Jahre alt ist. Es folgen dann Vorschriften über Lehrvertrag, 
Zahl der Lehrlinge, Lehrzeit, die in der Regel 3 Jahre dauern und den Zeitraum von 
4 Jahren nicht übersteigen darf, und besonders eingehend über die Gesellenprüfung, 
zu der den Lehrlingen nach Ablauf der Lehrzeit Gelegenheit zu geben ist und zu deren 
Ablegung die Innung und der Lehrherr den Lehrling anhalten sollen; die Abnahme der 
Prüfung erfolgt durch Prüfungsausschüsse. 
Meistertitel. Endlich befaßt sich unser Gesetz mit dem Meistertitel undschreibt vor, 
daß nur solche Handwerker den Weistertitel in Verbindung mit der Be- 
zeichnung eines Handwerks („Schlossermeister“, „Schlosser..., Meister“ usw.) führen 
dürfen, die in ihrem Gewerbe die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erworben und die 
Meisterprüfung bestanden haben. Zu dieser Prüfung sind sie in der Regel nur zuzulassen, 
wenn sie mindestens 3 Jahre als Geselle in ihrem Gewerbe tätig gewesen sind. Die Ab- 
nahme der Prüfung erfolgt durch Prüfungskommissionen. Aus den Übergangsbestim- 
mungenistnochbesonders wichtig: Wer beim Inkrafttreten dieser Bestimmungen persönlich 
ein Handwerk selbständig ausübt, ist befugt, den Meistertitel zu führen, wenn er in diesem 
Gewerbe die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen besitzt. Dieser Tag war der 1. Ok- 
tober 1901. Wer also an diesem Tage 1. persönlich ein Handwerk selbständig ausübte, 2. das 
24. Lebensjahr vollendet hatte, 5. die vorgeschriebene Lehrzeit in dem betreffenden Ge- 
werbe zurückgelegt und die Gesellenprüfung bestanden hatte, oder mindestens 5 Jahre 
lang (also seit dem 1. Oktober 1896) das Handwerk persönlich und selbständig ausgeübt 
hatte oder ebensolange als Werkmeister oder in ähnlicher Stellung tätig gewesen war, oder 
am 1. April 1901 schon 17 Jahre alt war und zweijährige Lehrzeit zurückgelegt hatte, der 
darf ohne abgelegte Meisterprüfung den Meistertitel in seinem Handwerk führen. — 
  
Wirkungen des Hand- Auf Veranlassung des Reichstags fand 1905 durch die Re- 
gierung des Deutschen Reiches eine allgemeine statisti- 
sche Erhebung statt, um die Wirkungen des Hand- 
werkergesetzes klarzustellen. Es handelte sich dabei nicht lediglich um die zahlenmäßige 
Ermittlung der im Reiche bestehenden freien Innungen, Zwangeinnungen, Innungsaus- 
schüsse und Inmungsverbände, sowie der Mitglieder dieser Organisationen, sondern es sollte 
auch ein Uberblick darüber geschaffen werden, in welchem Umfange die genannten Organi- 
sationen versucht haben, ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen, welche besonderen Einrich- 
tungen sie hierfür getroffen haben und welche Aufwendungen dafür gemacht worden sind. 
Wie viele Znnungen vor Erlaß des Handwerkergesetzes vorhanden waren, steht nicht 
sicher fest, wahrscheinlich nicht mehr als 8398. Auch die Mitgliederzahl ist nicht genau 
bekannt; man berechnet ihre Zahl für 1891 auf rund 320 000, die etwa ⅛ aller selb- 
ständigen Handwerker ausmachen. Innungskrankenkassen sollen 1895 im ganzen 545 
mit mehr als 100 000 Mitgliedern vorhanden gewesen sein, Innungesschiedsgerichte 1896 
einige Hundert. Die Innungsausschüsse waren in Preußen 1896 auf 139 herabgesunken. 
  
werkergesetzes. 
  
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