346 Handwert. VI. Buch.
für die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahrzehnten. — Erwähnenswert sind
noch das Gesetz betr. die elektrischen Maßeinheiten (1898), sowie die neue Maß-
und Gewichtsordnung von 1908, die am 1. April 1912 in Kraft getreten ist.
Das selbständige Handwerk wird auch erfaßt von
der sozialen Arbeiterversicherung, die das Deutsche
Reich seit mehr als einem Vierteljahrhundert besitzt, und die seit 19. Zuli 1911 in der Reichs-
versicherungsordnungneu geregelt ist. Zur Krankenversicherungsind selbständige
Gewerbetreibende als freiwillige Mitglieder berechtigt, wenn sie in ihren Betrieben
regelmäßig keinen oder höchstens 2 Versicherungspflichtige beschäftigen und ihr jährliches
Gesamteinkommen 2500 M nicht übersteigt. Eine Znnung kann für die ihr angehörigen
Betriebe ihrer Mitglieder ohne Rücksicht auf deren Zahl unter bestimmten Voraus-
setzungen eine Innungskrankenkasse errichten. Hausgewerbetreibende sind versicherungs-
pflichtig. Unter die Unfallversicherung fällt eine Keihe von handwerklichen Betrieben,
wie das Schornsteinfeger- und das Fleischergewerbe, ferner Gewerbebetriebe, in denen
Bau-, Dekorateur-, Steinhauer-, Schlosser-, Schmiede- oder Brunnenarbeiten ausgeführt
werden. Zum freiwilligen Eintritt in die Invaliden und Hinterbliebenenversiche-
rung (Selbstversicherung) sind bis zum vollendeten 40. Lebensjahre berechtigt Gewerbe-
treibende, die in ihren Betrieben regelmäßig keinen oder höchstens 2 Versicherungs-
pflichtige beschäftigen, sowie Hausgewerbetreibende. Der Bundeerat kann allgemein oder
in einzelnen Bezirken für bestimmte Berufszweige diese Personen auch in die Versicherungs-
pflicht einbeziehen. Wer aus einem versicherungspflichtigen Verhältnis ausscheidet, kann
die Versicherung freiwillig fortsetzen oder später erneuern (Weiterversicherung). So ist
zwar dem Wunsche mancher Handwerker, das gesamte Handwerk dem Invalidenwver-
sicherungszwang zu unterstellen, noch nicht stattgegeben worden, aber in der Seldbst-
und Weiterversicherung sind ihm die Vorteile des Gesetzes zugänglich gemacht.
KRKeichsversicherungsordnung.
Geldverkehr. Im Interesse eines geregelten Geld- und Kreditverkehrs, an dem
auch der Handwerker interessiert ist, wurde die Allgemeine Deut-
sche Wechselordnung 1908 den Anforderungen der Neuzeit gemäß abgeändert; 1908
trat ein neues Scheckgesetz in Kraft, das den Gewerbetreibenden die Vorteile des geld-
losen Zahlungsverkehrs eröffnen will, die Reichspost folgte 1909 mit der Einführung
des Post-Uberweisungs- und Scheckverkehrs. Auch das Hppothekenbankgesetz
von 1899, das den Hypothekenbanken ein besonderes Aufsichtsorgan in der Person des
Treuhänders brachte, kann hier genannt werden.
Endlich sind für die Förderung des Handwerks von
böchster Bedeutung die Erwerbs- und Wirtschafts-
genossenschaften, die schon in einem preußischen Gesetze von 1867 geregelt waren, das
1871 zum Reichsgesetz erhoben wurde. Ein neues Genossenschaftsgesetz trat 1889 in Kraft,
die heutige Fassung ist von 1898. Man versteht darunter Gesellschaften von nicht ge-
schlossener Mitgliederzahl, die die Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mit-
Erwerbsgenossenschaften.
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