Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Handwerk. 359 
  
zu Danzig und die Gewerbeförderungsstellen zu Dortmund und zu Köln. Es sind Aus- 
stellungshallen mit ständigen Ausstellungen von Kraft- und Arbeitsmaschinen, Werk- 
zeugen und Arbeitsbehelfen; es wird dort auch Auskunft in gewerblichen und fachlichen 
Fragen erteilt, teilweise auch Nat gegeben bei der Anschaffung von Maschinen und Arbeits- 
behelfen bzw. der Ankauf vermittelt. Zur Förderung der Lehrlingsausbildung 
wurden 1909 und 1910 in den einzelnen Handwerkskammerbezirken 141 Ausstellungen 
von Lehrlingsarbeiten veranstaltet. 
Der Bericht des Landesgewerbeamts schließt mit beachtenswerten Vorschlägen 
zur Verbesserung des Gesellenprüfungswesens auf Grund der 1908—1911 
stattgefundenen Untersuchung der Gesellenprüfungen und legt den Handwerksmeistern 
ans Herz, daß nur durch gewissenhafte Uberlieferung des fachlichen Könnens der Boden 
gewonnen wird, aus dem dem Handwerk in Zukunft ein wirtschaftlicher Aufschwung er- 
blühen kann. Die bisherige Tätigkeit des Landesgewerbeamts muß als eine hochersprieß- 
liche im Interesse des Handwerks bezeichnet werden. 
Genossenschaftlicher Die Bedeutung des Genossenschaftswesens für 
Zusammenschluß. das Handwerkhat v. Miquel einst treffend gekennzeichnet: 
„Es gilt heute für den Handwerkerstand, durch festen Zu- 
sammenschluß nach Möglichkeit die Vorteile sich anzueignen, die das Großkapital und 
der Großbetrieb ihm voraus haben. Tüchtige Vorbildung, gute Buchführung, gründ- 
liches Mitarbeiten des Meisters in der Werkstatt, billiger Kredit durch Genossenschaften 
unter Anlehnung an die Preußische Zentral-Genossenschaftskasse, genossenschaftlicher 
Einkauf von Rohmaterialien, wo es möglich ist auch genossenschaftlicher Verkauf, ja, 
soweit die Verhältnisse es gestatten, Bildung gemeinsamer Werkstätten unter Benutzung 
von Dampfmaschinen und anderen Motoren, jedenfalls Verwendung in der eigenen 
Werkstatt — diese und ähnliche Mittel, die die neuzeitliche Entwicklung darbietet, werden 
den Mittelstand auch heute noch erhalten und stärken. Die Zeit der Privilegien und Nono--- 
pole ist vorbei!“ Zu dieser wirtschaftlichen Bedeutung tritt noch eine hohe ethische Wir- 
kung, indem die Genossenschaften das ideale Gefühl der Zusammengehörigkeit fördern 
und durch die verständnisvolle Beteiligung der Mitglieder die Kräfte geweckt und an- 
gespornt werden. 
Leider hat der Genossenschaftsgedanke bisher in den Kreisen des Handwerks noch 
nicht so festen Fuß gefaßt, wie es wünschenswert wäre. Wir betrachten im nachstehenden 
nur die Anwendungsarten, die den Handwerker besonders interessieren. Von wesent- 
licher Bedeutung ist für ihn die Kreditgenossenschaft, die sein Kreditbedürfnis be- 
friedigen und ihn dadurch in die Lage versetzen soll, seine Einkäufe an Rohmaterial usw. 
bar zu bezahlen. Die Vorteile dieses ausreichenden Kredits liegen auf der Hand; der 
Handwerker sollte darauf bedacht sein, seinen ganzen Geldverkehr durch die Kreditgenossen- 
schaft zu leiten. Zur Förderung des genossenschaftlichen Personalkredits ist für Preußen 
seit 1895 in Berlin die Preußische Zentral-Genossenschaftskasse eingeführt. 
Sie arbeitet mit einem vom Staate gewährten Grundkapital von 75 Millionen Mark 
und soll innerhalb der einzelnen Genossenschaftsverbände einen Ausgleich der Geld- 
  
  
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