VI. Buch. Die Arbeiter-Sozialpolitik. · 387
stundentages, Ausdehnung des Wöchnerinnenschutzes (auf 8 Wochen) usw. wesentlich
erweitert.
Eine weitere Novelle vom 27. Dezember 1911 regelte die Einführung von Lohn-
büchern, erweiterte das Recht von Gemeinde und Staat auf Einführung der obli-
gatorischen Fortbildungseschule (5 120) und gab neben dem Bundesrat auch den
Zentralbehörden und den zuständigen Polizeibehörden das Recht auf Durchführung
des sanitären Mazimalarbeitstages, sei es im Wege der Verordnung für eine
Gruppe von Betrieben, sei es (seitens der Polizeibehörden auch) im Wege der Verfügung
für einzelne Betriebe (5 120 fl.
Stand der deutschen Arbeiterschutzgesetzgebung 1888 und 1913.
Vor Erlaß des Arbeiterschutzgesetzes von 1891 war reichsgesetzlich
nur die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter (bis zum 16. Lebens-
jabre) an den Sonn- und den gesetzlichen Feiertagen verboten. Zm übrigen bestimmte
die Gewerbeordnung nur (5 105), daß die Arbeitgeber die Arbeiter zur A#rbeit an
diesen Tagen nicht verpflichten könnten. Praktisch war diese Bestimmung ohne jede Be-
deutung. Mehr Schutz boten die bestehenden Polizeiverordnungen und Landezgesetze
zum Schutze der Sonntagsheiligung. Oirekt bezweckten diese zwar nur den Schutz
des öffentlichen Gottesdienstes gegen äußere Störungen, tatsächlich aber erstreckten sie
sich in einer Reihe von Staaten auf den Schutz des ganzen Sonntags gegen Störung
der Sonntagsfeier. Das Bild dieser landesgesetzlichen und -polizeilichen Verordnungen
war aber ein sehr mannigfaltiges (s. Drucksachen des Reichstages 188 5/86 Nr. 290) und
meistens wenig ausreichend. Noch mannigfaltiger und ungenügender war die Durch--
führung in den verschiedenen Gebieten, namentlich in der Zulassung von Ausnahmen.
Nach den Erhebungen von 1885 kam, wie der „Seneralbericht“ (Drucksache des Reichstages 1887) für
eine Keihe von maßgebenden preußischen Regierungsbezirken feststellte, Sonntagsarbeit vor in:
Großindustrie in 49,4% der Betriebe für 29,8 56 der Arbeiter,
Handwerk „ 47,1% „ « pUksZp
Handel und Verkehr „ 7,6% „ „ „ 878% „ „
Es ergab sich so das überraschende Resultat, daß die Sonntagsarbeit im Handwerk noch mehr verbreitet
war, soweit die Zahl der beschäftigten Personen in Betracht kommt, als in der Industrie.
Durch die Alrbeiterschutz-Novelle von 1891 ist hier eine weitgehende Abhilfe ge-
schaffen. Im Betriebe der Berg- und Hüttenwerke, Salinen, Aufbereitungsanstalten,
Brüche und GEruben, der Fabriken, Werkstätten, Bauhöfen usw., Werfte, Zie-
geleien sowie bei Bauten ist die Beschäftigung von Arbeitern an Sonn- und Festtagen
verboten. "
Die Dauer der Ruhe geht von Mitternacht zu Mitternacht und muß mindestens 24 Stunden (Für 2 auf-
einanderfolgende Sonn- und Festtage 36, für Weihnachts-, Oster- und Pfingstsest 48 Stunden) umfassen.
Zn Betrieben mit Tag- und Nachtschicht kann die Ruhezeit frühestens um 6 Uhr abends des vorhergehenden
Werktages, spätestens um 6 Uhr morgens des Sonn- und Festtages beginnen, sedoch muß für die auf den Be-
ginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb (nicht bloß der einzelnen Arbeiter) ruhen (SO. 5 105b).
Sonntageruhe.
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