402 Oie Arbeiter-Sozialpolitik. VI. Buch.
Zu den Kosten der Arbeiterversicherung haben beigetragen die
1911 1885—1911
Arbeitgeber: 442 Mill. Mark 5688 anill. Mark
Versicheren 3893 „ 5soso „ „
das Reiie — —
Während die deutschen Arbeiter also bis 1911 stark fünf Milliarden an Beiträgen
aufgebracht haben, haben sie bis dahin bezogen weit über neun Milliarden Mark, und
sind noch für sie reserviert beinahe 2,7 Milliarden Mark. — Die jährlichen Leistungen
der Arbeiterversicherung haben heute bereits die Summe von einer Milliarde Mark
überschritten.
Mehr als zehn Milliarden Mark sind bis Ende 1912 unserm Arbeiterstande zu-
geflossen. Diese Summe muß Eindruck machen. Ihren vollen Segen würden wir aber
erst dann ermessen können, wenn wir den Weg jeder einzelnen Mark in die Hundert-
tausende und Millionen von Familien und Haugzhalten verfolgen könnten: wieviel Not
und Elend gestillt, wieviel Verzweiflung und Bitterkeit gemildert, wieviel Mut und Ver-
trauen neu belebt und geweckt wird. Sie kommen dem Arbeiter gerade dann zugute,
wenn die eigne Kraft versagt, wenn die Not am dringendsten ist, in den Tagen der Krank-
heit, der Invalidität, des Alters.
Diese Summen dienten aber nicht
bloß zur Steuerung der Not, sondern
vermittelten dem Arbeiter oft wieder Gesundheit, Wiederherstellung der
Arbeitsfähigkeit, neue Lebenskraft und Lebenshoffnung. Oie Krankenver-
sicherung allein verwandte 1885—1911 für Heilbehandlung (freie ärztliche Behandlung,
Arznei und Anstaltspflege) nicht weniger als 2361 Millionen Mark. Auch der ärmste
Arbeiter erfreut sich heute sofortiger ärztlicher Hilfe; er braucht sich keine Sorge um die
Bezahlung von Arzt und Apotheke zu machen. Die sorgsamste Heilbehandlung durch
Spezialärzte, in Spezialanstalten, Bädern, Lungenheilanstalten, Rekonvaleszenten-
anstalten, Walderholungsheimen usw. ist kein Privileg der Besitzenden mehr.
Soweit diese Leistungen die Mittel der Krankenkassen übersteigen, greifen die Un-
fallversicherung und die Invalidenversicherung vielfach ergänzend ein. So hat die Unfall-
versicherung für Heilverfahren und Heilanstaltsfürsorge verwendet 1911: 8,8 Mill. Mark;
1885—1911: 129,5 Mill. Mark (ungerechnet die Angehörigenunterstützung). Immer
mehr legt sie Wert darauf, möglichst frühzeitig selbst die Heilbehandlung zu übernehmen
und keine Kosten sorgfältigster Behandlung zu scheuen, um die Erwerbsfähigkeit mög-
lichst wiederherzustellen. Aicht minder haben die Invalidenanstalten das Heilverfahren
in stetig steigendem Maße gepflegt. So wurde 1911 47 579 an Lungentuberkulose er-
krankten Personen und 39 668 sonstigen Kranken ein ständiges Heilverfahren in Lungen-
heilstätten, Bädern usw. gewährt und dafür 23,6 Millionen Mark verausgabt. In den
Jahren 1897 bis 1911 sind etwa 857 000 Versicherte mit einem Aufwand von über 205 Mil-
lionen Mark behandelt worden, davon 371000 mit einem Aufwand von mehr als 135 Mil-
lionen Mark wegen Lungentuberkulose, Kehlkopftuberkulose und Lupus. Auch der Kampf
gegen die Trunksucht und die Geschlechtskrankheiten wurde mit Erfolg aufgenommen.
Bedeutung für die Gesundbheitspflege.
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