VI. Buch. Bergbau und Hüttenwesen. 63
eher zu niedrig als zu hoch gegriffen ist, werden dem deutschen Nationalvermögen
20 Milliarden Tonnen Kohle mehr nutzbar gemacht, als es ohne Spülversatz möglich wäre,
und so die Steinkohlenförderung Deutschlands um mindestens 100 Zahre verlängert.
Der Grubenausbaudient einerseits dazu, die unterirdischen Verkehrswege dauernd
offen und zugänglich zu erhalten und andererseits dazu, die Arbeiter vor Stein- und Kohlen-
fall zu schützen und die ausgehöhlten Räume vorübergehend so lange offen zu halten,
bis der #rpbeitsstoß weiter gerückt ist und die hergestellten Hohlräume regelrecht zu Bruche
gegangen oder versetzt worden sind.
Während in den letzten 25 Jahren beim dauernden Ausbau der Wetter- und Förder-
strecken keine Neuerungen von einschneidender Bedeutung eingeführt worden sind und
man sich darauf beschränkt hat, die Dauerhaftigkeit des Holzbaues durch Imprägnieren
zu erhöhen und ihn stellenweise durch Stahl und die übliche Mauerung durch Beton oder
Eisenbeton zu ersetzen, um einen stärkeren und billigeren Ausbau zu erhalten, sind in dem
nur vorübergehenden Ausbau der Abbaubetriebe beim Steinkohlenbergbau wesentliche
Fortschritte erzielt worden. Man bemühte sich früher, den Ausbau fest und starr und so
herzustellen, daß er dem ODrucke des Hangenden möglichst lange unverrückt widerstand
und ihm wenig nachgab. In den letzten Jahren ist man dazu übergegangen, einen ela-
stischen und nachgiebigen Ausbau anzuwenden, der sich dem Drucke des Hangenden anzu-
passen und ihm so lange nachzugeben vermag, als bis das durch die Gebirgsdurchörterung
gestörte Gleichgewicht der Schichten wiederhergestellt ist. Zu diesem Zwecke schwächte
man die Stempel, die den ODruck des Hangenden aufnehmen sollten, indem man sie an
ihrem unteren Ende zuspitzte. Wenn sich nun auf den zugespitzten Stempel der Gebirgs-
druck legte und immer mehr anwuchs, so knickte der Stempel nicht, wie es früher der Fall
war, ein und verlor dadurch vollständig seine Tragfähigkeit, so daß er ausgewechselt
werden mußte, sondern der Druck treibt lediglich die Spitze des Stempels quastenartig auf
und verkürzt so den Stempel ein wenig. Ze mehr der Stempel aber durch die weiter fort-
schreitende Quastenbildung gekürzt wird, um so tragfähiger wird er, weil der Druck nun-
mehr auf den immer stärker werdenden oberen Teil des Stempels übergeht. Da der
Gebirgsdruck aber beim weiteren Sinken des Hangenden nachläßt, da sich dieses auf den
Kohlenstoß legt und dort unterstützt wird, so ist bald ein Gleichgewichtszustand zwischen
Stempelfestigkeit und Gebirgsdruck erreicht und das Hangende zur Beruhigung gekom-
men, ohne daß der Stempel seine Tragfähigkeit eingebüßt hat. Dieser nachgiebige Aus-
bau wird sowohl im Abbau als auch zur Verzimmerung der Abbaustrecken und zum vor-
läufigen Ausbau solcher Strecken angewendet, die dauernd offen gehalten werden müssen.
Er hat einerseits erhebliche Ersparnisse an Holzkosten und Arbeitslöhnen im Gefolge, da
ein Knicken der Stempel nicht eintritt und diese deshalb nicht ausgewechselt zu werden
brauchen, und da zudem das Zurechtschneiden und Zuspitzen der Stempel über Tage
billig. durch Maschinenkraft erfolgen kann; anderseits hat er die vortreffliche Wirkung,
daß das Hangende nicht am Kohlenstoße abbricht, sondern sich gleichmäßig auf diesen
senkt und dadurch einen die Kohlengewinnung und den Stückkohlenfall erheblich fördern-
den Druck auf den Kohlenstoß ausübt und zudem den Stein- und Kohlenfall abschwächt,
dessen Gefährlichkeit meist sehr unterschätzt wird. Entgegen weitverbreiteten Anschauungen
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