Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
66 Bergbau und Hüttenwesen. VI. Buch. 
  
„Siemens-Schuckert“-Werke eine durch einen Elektromotor unmittelbar oder vermittels 
biegsamer Welle angetriebene zuverlässige und leichte Drehbohrmaschine gebaut haben, 
die bei einem Kraftverbrauche von 1,5—2 PS Ourchschnittsleistungen von 30—50 cm 
in der Minute erzielt. Bei einer Versuchsbohrung im Minettebezirke hat man in der 
12 stündigen Schicht sogar 63 m gebohrt, also ein Meter Bohrloch in 11,5 Minuten her- 
gestellt. Die in festerem Gesteine sehr mühsame Schrämarbeit mittels Keilhaue 
durch mechanische Mittel zu ersetzen, ist in ODeutschland nur teilweise geglückt. 
Hierzu wendet man außer der bereits erwähnten Frankeschen Schrämmaschine vorwie- 
gend Stoßbohrmaschinen an, indem man diese Maschinen während der Arbeit hin und 
ber schwenkt, so daß kein rundes Loch sondern ein breiter Schram entsteht. Die erste 
deutsche Maschine dieser Art war die Eisenbeißsche Schrämmaschine mit Schrämstange 
und Schrämkrone. 
Im Gegensatz zu diesen stoßend wirkenden Schrämmaschinen, die sich hauptsächlich 
für Streckenbetriebe und wenig breite Abbaustöße eignen, stehen die fräsend wirkenden 
Abbauschrämmaschinen, die vermittels Zahnketten, Zahnrädern oder Zahnstangen 
Schräme in den Kohlenstoß hineinfräsen. Trotzdem diese Maschinen im Auslande sehr 
verbreitet sind und dort gute Erfolge erzielt haben, sind sie in Deutschland nicht anwendbar, 
da die Voraussetzung für ein Arbeiten mit ihnen, regelmäßige Lagerung und flaches 
Einfallen, nur selten vorhanden sind, und da sie sich für den deutschen Bergbau wegen 
ihrer Größe und Schwere nicht eignen. Eine für den deutschen Bergbau geeignete, leicht- 
handliche fräsende Schrämmaschine zu bauen, nach der ein großes Bedürfnis vorliegt, ist 
bis jetzt trotz zahlreicher Versuche noch nicht geglückt. 
Wenn nun auch auf dem Gebiete der unterirdischen Gewinnungsarbeiten infolge 
der ungünstigen Lagerungsverhältnisse die Maschine in Deutschland noch nicht den Platz 
einnimmt, den sie in anderen Ländern behauptet, so hat sie auf dem Gebiete der oberir- 
dischen Gewinnung, besonders beim Braunkohlenbergbau, außerordentliche Erfolge erzielt. 
Während man früher bei den nur wenig unterhalb der Tagesoberfläche liegenden Braun- 
kohlenflözen die Wegfüllarbeit des Deckgebirges und die Gewinnung der Kohle durch Hand- 
arbeit vornehmen ließ, ist man in den beiden letzten Jahrzehnten dazu übergegangen, 
dieses Wegräumen und den Abbau der Braunkohle auf maschinellem Wege vorzuneh- 
men. Hierzu bedient man sich der Einserketten-, Tief-- oder Hochbagger, bei festeren Mas- 
sen auch der Löffel- oder Schaufelbagger, die mit Dampf oder Elektrizität angetrieben 
werden und Leistungen von 1200 chm und mehr täglich aufzuweisen vermögen. Die 
Anwendung dieser Gewinnungsmaschinen hat im Braunkohlenbergbau eine große Um- 
wälzung hervorgerufen und eine Verschiebung zwischen Tagebau und unterirdischem Ab- 
baubetriebe herbeigeführt. Der letztere, der sehr teuer und zudem häufig mit 50% und 
mehr Abbauverlust arbeiten muß, tritt immer mehr zugunsten des Tagebaues zurück. 
Während in den 80er Jahren ein Tagebau auf Braunkohlen nur dann rentabel war, 
wenn das Verhältnis der Oeckgebirgsmächtigkeit zur Kohlenmächtigkeit 1: 1 betrug, 
vermag man jetzt mit Hilfe der modernen Baggereinrichtungen Braunkohlenlager durch 
Tagebau mit Vorteil auszubeuten, wenn das Deckgebirge 2—4mal mächtiger ist als die 
Kohle selbst. 
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